Secret Avengers 3: Fear Itself – Nackte Angst (Comic)

Ed Brubaker, Nick Spencer
Secret Avengers 3
Fear Itself – Nackte Angst
(Secret Avengers 11 – 15, Marvel, 2011)
Aus dem Amerikanischen von Michael Strittmatter
Titelillustration von Adi Granov
Zeichnungen von Will Conrad, Mike Deodato jr., Scot Eaton u.a.
Panini, 2012, Paperback, 140 Seiten, 16,95 EUR

Von Irene Salzmann

Das große Crossover „Fear Itself“ lässt auch die „Secret Avengers“ nicht ungeschoren. Die ersten zwei der sechs Episoden (US-Ausgaben: 11, 12 , 12.1, 13 – 15) knüpfen zwar noch an die Geschehnisse im zweiten Sammelband an – es geht um die fehlenden, teils falschen Erinnerungen von John Steel, den Steve Rogers auf die Seite ‚der Guten‘ ziehen möchte –, doch danach wendet sich Nick Spencer, der Ed Brubaker ablöst, der neuen Storyline zu.

Diese wirkt leider recht zerfahren und unzusammenhängend, da einzelne Mitglieder der Secret Avengers an verschiedenen Orten mit unterschiedlichen Missionen betraut sind, bei denen sie versuchen, das Chaos in den Griff zu bekommen und größeres Unheil zu verhindern, aber man vermisst eine Zusammenfassung, der man entnehmen kann, was die Ursache der aktuellen Situation ist. Die wenigen Sätze zu Beginn und der Klappentext verraten viel zu wenig.

Die Identitäten geheimer Informanten der Secret Avengers und anderer wurden aufgedeckt und öffentlich gemacht. Sogleich haben betroffene Organisationen damit begonnen, diese Sicherheitslecks zu schließen, und Racheaktionen treffen die Verräter. Die Helden sind nicht in der Lage, alle, die ins Visier gerieten, zu retten. Steve Rogers trifft eine willkürliche Auswahl und schickt seine Leute in den Kampf. Warum gerade diese Person und keine andere, das will der ehemalige Captain America nicht diskutieren. Auch der Leser ist ratlos, aber eingeladen, sich über diesen Punkt Gedanken zu machen. Die Parallelen zu WikiLeaks liegen auf der Hand und verdeutlichen, was der Autor von Enthüllungsplattformen hält, die brisantes Material an die Öffentlichkeit bringen – mit nicht vorhersehbaren Konsequenzen für Amerika.

Beast soll einen alten Bekannten evakuieren, der seine Gründe hat, in dem Gebäude auszuharren, das von den Gegnern angegriffen wird. Erstaunlicherweise kann sich, wie er behauptet, Washington selbst schützen. Die Art und Weise ist an den patriotischen Amerikaner adressiert und wirkt auf den europäischen Leser … übertrieben. Tatsache ist, dass es einige Serien gibt, die gezielt den Patriotismus hochhalten und dabei Blüten treiben, die für den nicht-amerikanischen Comic-Freund wenig nachvollziehbar sind, zum Beispiel „Captain America“ und seine Spinn Offs. „Secret Avengers“ nähert sich im Moment diesen Titeln an.

Valkyrie leitet ein Himmelfahrtskommando und zeigt Verständnis für eine Soldatin, die ihren gefallenen Lebensgefährten nicht zurücklassen will. Ein Schlüsselerlebnis sensibilisierte Odins Walküre für scheinbar nebensächliche und unwichtige Dinge, die anderen hingegen sehr viel bedeuten. Black Widow geht einem verfälschten Medienbericht nach und wird von seinen Urhebern mit der Frage konfrontiert, ob Helden überhaupt noch ‚normale Menschen‘ sind. Letztere sterben und kommen nicht wieder. Helden hingegen vollbringen immer wieder das scheinbar Unmögliche und schlagen dem Tod ein Schnippchen. Wer ist besser dran – jene, die trauern und dann ihr Leben weiterleben, oder die anderen, die hoffen und mit der Vergangenheit nicht abschließen können? Offenbar reagierte man hiermit auf Leserbriefe, die das Sterben von beliebten Figuren kritisieren, die nach einer Weile durch ein Wunder zurückkehren. Da sich dies zuletzt häufte, verlieren viele Geschichten an Glaubwürdigkeit. Einige Beispiele: Dr. Samson, Steve Rogers, Colossus, Cypher…

Die (US-) „Secret Avengers“-Hefte 12.1 – 15 beinhalten einige diskussionswürdige Ansätze, sind aber vom Unterhaltungswert nicht vergleichbar mit den Episoden 1 – 12, die konkrete und spannende Geschichten erzählen. Was unter „Fear Itself“ präsentiert wird, ist inhaltlich zu zerfahren und inhomogen, obgleich die Zeichner eine gute Arbeit ohne Stilbrüche liefern.

Der vierte Sammelband wartet schon wieder mit einem neuen Künstler-Team auf, sodass man abwarten muss, welche Richtung die Serie einschlagen wird und ob sie dann noch immer so zu begeistern vermag wie mit den ersten beiden Paperbacks.