Secret Avengers 2: Die Augen des Drachen (Comic)

Ed Brubaker
Die Augen des Drachen
Secret Avengers 2
(Secret Avengers 6 – 10: Eyes of the Dragon, Part 1 – 5, 2010/2011)
Aus dem Amerikanischen von Michael Strittmatter
Titelillustration von Marco Djurdjevic
Zeichnungen von Mike Deodato jr., Will Conrad, Rain Beredo
Panini, 2011, Paperback, 124 Seiten, 14,95 EUR

Von Irene Salzmann

„Secret Avengers“ 2 knüpft an die Geschehnisse im ersten Band an. Man muss den Auftakt der neuen Serie nicht gelesen haben, um sich in der laufenden Handlung zurechtzufinden, aber es empfiehlt sich, da in Band 1 die wichtigsten Akteure vorgestellt werden, das Shadow Council als Gegner aufgebaut und das Geheimnis von Nick Fury enthüllt wird, der – d. h., der Androide, der glaubt Nick Fury zu sein – genauso wie John Steele, der erste Supersoldat, der für den Feind arbeitet.

Der mysteriöse Prince of Orphans lässt Steve Rogers, dem ‚Obersten Friedenswächter’, brisante Informationen zukommen, die das Shadow Council betreffen: Shang-Chis totgeglaubter Vater scheint einer der führenden Köpfe der Organisation zu sein, und sein Sohn soll sterben, damit Zheng Zu leben kann. Obwohl Shang-Chi gewarnt wurde, fällt er in die Hände der Verbrecher und soll während eines Rituals geopfert werden.

Steve Rogers und seine Secret Avengers lassen den Freund nicht im Stich, obwohl sie selber empfindliche Niederlagen einstecken mussten. Es scheint, als habe der ehemalige Captain America seinem Rivalen John Steele, der mit den Jahren noch stärker, raffinierter und skrupelloser wurde, wenig entgegenzusetzen.

Da das Shadow Council durch die Gewänder und das Drachen-Emblem einen Hauch asiatische Exotik mit sich bringt, lag es nahe, zwei chinesische Protagonisten einzubinden: Shang-Chi, den Meister des Kung-Fu, und seinen quasi-unsterblichen Vater, der über magische Kräfte verfügt. Die Figur Shang-Chi wurde in den 1970er Jahren geschaffen und hatte einst eine eigene fortlaufende Reihe. Danach tauchte er bloß noch in Mini-Serien und sporadisch hier und da auf.

Die Handlung geht weniger auf die Ziele des Shadow Councils ein als auf die von Zheng Zu, der am Leben bleiben und einen jungen, starken Körper haben will. Um sich und seine Macht zu erhalten, plant er, den eigenen Sohn zu opfern. Wie schlimm es um Zheng Zu steht, wird früh offenbart – für erfahrene Leser nicht unbedingt eine Überraschung. Die Ähnlichkeit zum „Medival Spawn“ liegt auf der Hand…

Während Shang-Chi auf seinen Tod wartet, dringen die Secret Avengers heimlich in das Versteck des Shadow Councils ein. Tatsächlich hatte Steve Rogers noch ein Ass im Ärmel, so dass sie im letzten Moment erscheinen, um die Zeremonie zu stören. Während die Mitglieder des Shadow Councils ihr Heil in der Flucht suchen, als ihnen klar wird, dass die Existenz dieser Basis mit Zheng Zus Schicksal verknüpft ist, sucht John Steele seinen Erzfeind, trifft aber auf Valkyrie. Wieder einmal erweist sich die Taktik, die Gegner zu tauschen, als sinnvoll.

Die actionreiche Handlung steht an erster Stelle. Zwar bleibt das Shadow Council weiterhin rätselhaft, aber die Secret Avengers schlagen sich tapfer gegen diesen Feind. Die meisten Mitglieder des Teams haben einen militärischen Hintergrund, und sofern sie eine Solo-Serie hatten, gehörte diese mit zu den ‚harten Titeln‘ für reifere Leser (unter anderem „Moon Knight“, „Black Widow“, „War Machine“). Im Vergleich spielen die Beziehungen der Hauptfiguren untereinander eine untergeordnete Rolle, da diese Reihe – anders als zum Beispiel die „X-Men“ und „Avengers“ – keine Soap Opera sein will, in der das Privatleben der Protagonisten genauso wichtig ist wie ihre Missionen. Steve Rogers und Sharon Carter sind momentan das einzige Paar, doch wird auf diesen Punkt nur am Rande eingegangen.

Die grafische Umsetzung vermag zu überzeugen. Die Arbeiten von Mike Deodato jr. sind immer ein Augenschmaus, und auch Will Conrad weiß zu gefallen, weil der Zeichnerwechsel ohne Bruch erfolgt. Die Bilder sind realistisch-idealistisch und dynamisch und unterstützen die spannende Handlung.

„Secret Avengers“ ist eine der härteren Marvel-Serien, in der Geheimagenten und Superhelden Seite an Seite gegen Verbrecherorganisationen kämpfen. Ihnen zur Verfügung steht ein futuristisches Equipment, und ihre Missionen sind nicht auf die Erde allein beschränkt. Die Reihe hat Potential, da sie ein wenig aus dem Reigen der soapigen Titel ausschert und etwas andere Themen offeriert. Wird sie auch in Zukunft von gefälligen Illustratoren umgesetzt, kann der Verlag die „Secret Avengers“ sicher bald zu den Top-Serien zählen.