So zeichnet man Comics 1: Grundlagen und Anatomie (Buch)

So zeichnet man Comics 1
Grundlagen und Anatomie
(WIZARD How to draw: Heroic Anatomy, 2005)
Aus dem Amerikanischen von Jan Dinter
Titelbild von Frank Cho
Bild- und Textbeiträge von Dave Gibbons, Brent Anderson, Brian Bolland, Adam Huges, Joe Losner, Steve Mc Niven, Michael Turner, Jim Balent und anderen
Panini, 2011, Paperback mit Klappenbroschur, 120 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-86201-092-9

Von Christel Scheja

In den letzten Jahren sind auch in Deutschland sehr viele Zeichenkurse erschienen, die sowohl Laien als auch Fortgeschrittenen die fünfte Kunst nahebringen wollten. Vor allem bei der Edition Fischer erschienen nicht nur Ratgeber zum Thema Manga, auch die amerikanische Comic-Kunst wurde ausgiebig bedacht. Doch nun nutzt auch Panini, einer der derzeitigen Hauptanbieter von Publikationen aus dem Land jenseits des großen Teiches die Gelegenheit, einen eigene Reihe zu starten, die sich sowohl an Anfänger als auch an Fortgeschrittene richtet: „So zeichnet man Comics“.

Im ersten Band widmen sich die teilnehmenden Autoren und Künstler „Grundlagen und Anatomie“. Denn um eine grafische Geschichte überhaupt erzählen zu können, muss man ihre Akteure erst einmal glaubwürdig darstellen. Doch das ist gar nicht so einfach, da es viele Dinge zu beachten gilt. Neben einem Überblick, wie man sich vom einfachen Strichmännchen zur fertigen Zeichnungen vorarbeitet, welche Materialien man braucht und was man sonst noch alles in Bezug auf Perspektive und Tiefe eines Bildes beachten sollte, gehen die Autoren und Künstler ausführlich auf die verschiedenen Körperteile ein. Von Kopf bis Fuß zeigen sie, welche Bedeutung Gesichter, Hände und Füße haben, wann und wie man Figuren überzeichnet, um das Heroische einzuarbeiten, das sie von den normalen Menschen abhebt, ehe sie sich unterschiedlichen Typen von Helden zuwenden – nicht zuletzt den vielen unterschiedlichen Frauengestalten, die die Seiten der bunten Heftchen bevölkern. Sie geben zudem kluge Ratschläge zum Zeichnen von Gestik und Mimik, deuten an, wie man einen Helden richtig vor dem Hintergrund in Szene setzt, mit Licht und Schatten spielt, oder auch unterschiedliche Altersstufen passend darstellt.

Wie bei allen Zeichenratgebern wird auch hier schnell deutlich, blutige Laien, die erstmals einen Bleistift zur Hand nehmen, werden nicht viel mit dem Band anfangen können. Die Künstler raten auch selbst, für die absoluten Grundlagen zu anderen Büchern zu greifen oder das Zeichnen von Menschen in Kurzen zu üben. Daher werden ihre Tipps und Hinweise auch erst für die interessant, die bereits diese Kenntnisse besitzen und nun neben dem realistischen Zeichnen auch noch etwas anderes ausprobieren wollen. Genau hier setzt das Buch an.

Denn jeder der Künstler macht deutlich, dass Comics die Wirklichkeit nicht immer realistisch wiedergeben wollen. Die meisten von ihnen haben lange Jahre im Superhelden-Sektor gearbeitet und machen daher immer wieder deutlich, wo die Unterschiede liegen. Kolosse wie der „Hulk“ sind natürlich um einiges größer und breiter als normale Menschen. Selbst Helden, die ansonsten eher wie Hänflinge wirken, müssen nicht unbedingt schwach sein; um dies zu zeigen, werden die Muskeln in einem gewissen Grad überzeichnet.

Man merkt, dass die Autoren in ihren Ausführungen auf eigene Erfahrungen zurückgreifen, sind diese doch gelegentlich mit kleinen Anekdoten aus ihrem eigenen Schaffen gespickt, denkwürdigen Aussagen ihrer Verleger oder frechen Anmerkungen. Jeder macht deutlich, dass es zwar wichtig ist, gewisse Formalismen zu beachten, sich aber auch eigene Freiheiten zu bewahren und niemals davon ausgehen, dass man bereits perfekt ist. Das macht die Beschreibungen sehr persönlich und lockert die Ausführungen sichtlich auf, so dass man, selbst wenn man weiterhin nur Leser bleiben möchte, gut unterhalten wird.

Alles in allem erfährt man auf den gut 120 Seiten Einiges über die Gestaltung von Superheldenfiguren. Da auf die Einbindung in eine Geschichte verzichtet wird, ist das Buch damit auch für Illustratoren aus der Fantasy- und SF-Szene interessant, die ihre Figuren einfach nur in Szene setzen wollen, sei es als Rollenspielcharaktere oder Helden in eigenen Geschichten.

Wenn man nicht gerade ein Wunder oder umfassende Aussagen erwartet ist „Grundlagen und Anatomie“ aus der Reihe „So zeichnet man Comics“ ein durchaus brauchbares Werk. Viele Hobbyzeichner, die schon ein bisschen Erfahrungen haben, können brauchbare Tipps und Anleitungen finden, um ihre eigenen Bilder zu verbessern. Aber auch der „Nur-Leser“ wird so manches interessante Detail über die amerikanische Comic-Szene erfahren.