Thomas Thiemeyer: Der gläserne Fluch – Chroniken der Weltensucher 3 (Buch)

Thomas Thiemeyer
Der gläserne Fluch
Chroniken der Weltensucher 3
Titelillustration von Thomas Thiemeyer
Loewe, 2011, Hardcover, 480 Seiten, 17,90 EUR, ISBN 978-3-7855-6577-3

Von Carsten Kuhr

Nachdem wir Alexander Humboldts unehelichen Sohn und seine Freunde bereits zweimal ins Abenteuer begleitet haben, ist ihr abenteuerlicher Spürsinn erneut gefragt.

Ein alter Freund und Studienkollege Humboldts, ein Archäologe, der die letzten zwei Jahre auf Expedition in Afrika verbracht hat, kehrt nach Berlin zurück. Doch wie hat sich sein Freund nach seinem Aufenthalt in der Sahel-Zone doch verändert. Kaum erkennt er seine alten Weggefährten und engen Freunde wieder, selbst seine Frau ist ihm offensichtlich fremd geworden. Als Oskar in der Silvesternacht auf Drängen Humboldts versucht, das Expeditions-Tagebuch „auszuleihen“, greift ihn der Wissenschaftler mit einer merkwürdig gläsernen Zunge und plötzlich grünen Augen an. Kurz darauf schmilzt er in der Kälte der Winternacht.

Die Spur führt unsere schon erprobte Expeditionsmannschaft nach Französisch-Sudan. Hier, auf einem abgelegenen Tafelberg, soll ein sagenhafter Meteorit verborgen sein, der vor zehntausend Jahren aus dem einst blühenden Paradies der Gegend eine trostlose Wüste erstehen ließ. Bewacht von einem stolzen Eingeborenenstamm ruht der Meteorit in der verlassenen Stadt auf dem Gipfel eines Tafelberges.

Doch die Prophezeiung, die das Ende der Welt ankündigt, scheint sich zu erfüllen. Neben Humboldt, der an Bord seines Luftschiffes eintrifft, hat sich ein berühmter britischer Wissenschaftler aufgemacht, den Meteoriten für Queen und Königreich zu bergen – koste es, was es wolle. Begleitet von den beiden aus dem ersten Abenteuer bekannten Journalisten ist der skrupellose Lord bereit, über Leichen zu gehen, um ans Ziel zu gelangen. Dass er damit die Zivilisation auszulöschen droht, will er in seiner Borniertheit nicht erkennen. Als Oskar von dem Meteoriten befallen und Humboldt von dem Briten gefangen gesetzt wird, scheint das Ende der Welt gekommen zu sein…

Thomas Thiemeyer verbindet ein ganz spezielles Verhältnis mit Afrika. In ausgedehnten Urlauben hat er den schwarzen Kontinent bereist und die dabei gewonnenen Eindrücke in seine faszinierenden Thriller einfließen lassen.

Nun also kehrt er auch in der gefeierten Weltensucher-Reihe nach Afrika zurück. Einmal mehr gilt es für Humboldt und seine inzwischen routinierte, aufeinander eingespielte Crew ein Rätsel aufzuklären und drohendes Unheil abzuwenden. In gewohnt versierter Art und Weise baut er seine Handlung auf. Beginnend im wilhelminischen Berlin präsentiert er seinen Forschern und Lesern ein phantastisches Rätsel – der gläserne Fluch genannt. Im Verlauf der Abenteuer erfahren wir mehr über diesen, aber auch die bereisten Gegenden. Ohne dass dadurch der Handlungsfortschritt gestört wird, beleuchtet Thiemeyer kurz aber treffend die Versklavung der einheimischen Völker unter dem Deckmantel der Kolonisation, den Versuch der Großmächte, ihre Machtsphäre auszuweiten und sich die reichen Bodenschätze des schwarzen Kontinents zu sichern. Daneben richtet er sein Augenmerk erneut, gewohnt kritisch, auf intolerante, ja überhebliche Verhaltensweise vieler Weißer, den Snobismus der Militärs aber auch der arrivierten Gelehrten. Dass im wilhelminischen Kaiserreich Frauen nicht studieren durften, dass die Emanzipation noch in den Kinderschuhen steckte, wird ebenfalls angesprochen.

Im Zentrum des Geschehens aber, und dies ist für ein Jugendbuch noch ungleich wichtiger als für einen Thriller in Erwachsenensortiment, steht ganz klar das Abenteuer. Und dieses bietet dem Leser wiederum all das, was er sich ersehnt. Eine packende Handlung voller Geheimnisse und Wendungen, markante Helden, fiese Schurken – und ein ganz klein wenig Romantik darf auch aufblitzen.

Alles in allem haben Thomas Thiemeyer und der Loewe Verlag mit der Serie einen Treffer gelandet, der nicht nur jugendliche Rezipienten in seinen Bann zieht, sondern auch für erwachsene Leser so Einiges bereithält. Schade nur, dass nach derzeitiger Planung nur noch zwei weitere Bände der Reihe erscheinen werden.