Northlanders 4: Die Pest (Comic)

Brian Wood
Northlanders 4
Die Pest
(Northlanders # 21-28, 2009)
Aus dem Amerikanischen von Bernd Kronsbein
Titelbild von Massimo Carnevale
Zeichnungen von Leandro Fernandez
Panini, 2011, Paperback mit Klappenbroschur, 196 Seiten, 19,95 EUR, ISBN 978-3-86201-168-1

Von Frank Drehmel

Als im Winter des Jahres 1020 in einem 700 Seelen beherbergenden Handelsposten irgendwo an der Wolga die Pest Einzug hält, beschließt man auf Anraten des christlichen Priesters Boris, die Kranken und Sterbenden aus dem Ort zu treiben und anschließend die Tore zu vernageln, um so der Seuche Einhalt zu gebieten.

Während die Toten vor den Palisaden allmählich von Schnee bedeckt werden, beginnt für die Menschen im Dorf – darunter auch die Witwe Hilda, welcher der Schwarze Tod ihren Mann und Beschützer nahm, sowie ihre achtjährige Tochter Katrin – der Kampf ums Überleben, wobei neben Hunger, Kälte und marodierenden Fremdlingen die eigentliche Gefahr von dem skrupellosen Krieger und Händler Gunborg ausgeht, der nicht nur der hübschen Frau nachsteigt, sondern der Bestrebungen erkennen lässt, im abgeriegelten Dorf ein Regime der Unterdrückung und der Ausbeutung zu errichten. Zwar stehen dem Mann und seinen Gefolgsleuten noch die Anhänger des weisen Dorfältesten sowie des umsichtigen Priesters gegenüber, aber sollte dieses Bollwerk fallen, werden die Dörfler dem gnadenlosen Despoten ausgeliefert sein. Und in der Tat sieht der rücksichtslose Gunborg eines Tages die Zeit gekommen, die Macht an sich zu reißen.

Das vierte „Northlanders“-Tradepaperback, welches die Hefte #21 – 28 der unter dem Vertigo-Imprint des DC-Verlags erscheinenden Serie umfasst, stellt in mehrerer Hinsicht das bisherige Highlight dar. Zunächst ist es das Artwork, in welchem sich die Tristesse der Lebensumstände, die Härte und Verzweiflung der Menschen eindrücklich widerspiegelt. Fernández' Zeichnungen, mit ihren klaren, leicht kantigen Konturen, dem Spiel aus expressiv gesetzten Schatten in den Halbnahen und Großeinstellungen, sowie McCaigs kalte, von Blau- und Brauntönen dominierte Koloration, vermitteln trotz des (potenziell) weiten Handlungsortes visuell ein Gefühl der Enge und der Beklemmung.

Auf der inhaltlichen Seite ist insbesondere der tiefe Konflikt zwischen den Vertretern der alten Lebensweise – repräsentiert durch Gunbrog und seine Mannen – sowie dem aufkommenden Christentum, vertreten durch Boris, hervorzuheben, wobei der Priester in zweierlei Hinsicht ein eher untypischer Vertreter seiner Religion der damaligen Zeit ist: zum einen agiert er nicht nur wissenschaftlich rational, zum anderen ist er kein Mann des Friedens, sondern weiß sich und seine Schutzbefohlenen durchaus handfest zu verteidigen. Darüberhinaus entspricht er mit seinem düsteren Äußeren, den schmalen Augen, dem schwarzen Vollbart und der dunklen Gewandung rein visuell – um dem Bogen zurück zum Artwork zu schlagen – eher dem Stereotyp des Comic-Bösen, obwohl seine Rolle innerhalb der Story die des Retters und Helfers ist. Neben diesem starken, widersprüchlichen Charakter verblassen sogar Hilda und ihre Tochter, obschon sich die Haupthandlung um ihren Überlebenskampf rankt. Dieser Überlebenskampf ist trotz einiger leicht soapiger Story-Elemente plastisch, drastisch, dramatisch und tragisch – kurz: fesselnd – geschildert, mit einem guten Gespür des Autors für Tempo auf der einen und Momente der Kontemplation und Ruhe auf der anderen Seite.

Fazit: Ein kraftvolle, ruhige, dramatisch-tragische Story, die von Fernández und McCaig in klare. eindringliche Bilder gebannt wurde. Das bisherige Highlight der Serie.