Kevin Hearne: Kerze & Krähe - Die Chroniken des Siegelmagiers 3 (Buch)

Kevin Hearne
Kerze & Krähe
Die Chroniken des Siegelmagiers 3
(Candle & Crow, 2024)
Übersetzung: Gerald Wagner
Titelbild: Sarah J. Coleman
Hobbit Presse, 2025, Paperback, 400 Seiten, 17,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Für alle, die mich noch nicht kennen, darf ich mich noch einmal kurz vorstellen: Al MacBharrais, der Name, von Beruf Inhaber einer Druckerei in Glasgow, Schottland.

Wer mich näher kennt - das sind wenige -, der weiß, dass sich hinter meinem gezwirbelten Schnurrbart und meiner Zuneigung zu Gebranntem - egal ob Gin oder schottischem Whisky - einer von derzeit nur fünf auf Erden weilenden Siegelmagiern verbirgt.

Unsere Aufgabe ist es, über den mühsam ausgehandelten Frieden zwischen den Welten der Sidhe, der Götter, aller übernatürlichen Wesen und der Menschenwelt zu wachen.

Mittlerweile habe ich die 60 überschritten, sodass es Zeit wird, einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin anzulernen - schließlich möchte ich mir meinen Hintern nicht mehr allzu lange an zugigen Ecken abfrieren.

Dumm dabei, dass meine Lehrlinge in den letzten Jahren in schöner Regelmäßigkeit den Löffel abgeben. Unfälle allesamt - aber gleich sieben Stück hintereinander? Da stimmt etwas nicht.

Bei genauerer Betrachtung hat mir ein unbekannter Verehrer gleich zwei Flüche angehängt. Der eine bewirkt, dass ein jeder, der mich zu lange reden hört, beginnt, mich aus tiefster Seele zu hassen; der andere, dass meine Lehrlinge eines unnatürlichen Todes sterben. Ich muss beide Flüche schleunigst loswerden - sonst wird es weder etwas mit der Versöhnung mit meinem Sohnemann, noch mit dem in Rente gehen.

Zum Glück habe ich Mitarbeiter und Freunde, die mir zur Seite stehen - auch wenn sie so manches Mal meine Geduld doch sehr strapazieren. Ein Hobgoblin etwa, der sich für den Größten hält, oder eine Sekretärin, die nach eigener Aussage schon so gut wie jedwedes Unbill - sie drückt sich da nicht ganz so gewählt aus wie ich - gesehen hat. Zusammen machen wir uns auf die Pirsch nach dem Verantwortlichen der Flüche, nach einem Hexer, der hinter einem Menschenhändler-Ring steckt, und werden Zeuge, wie ein neuer Gott geboren wird…


Mit der „Chronik der Druiden“ (deutsch: Hobbit Presse) hat Kevin Hearne die Urban Fantasy bereichert. Die Welt des unsterblichen Druiden, der sich mit Götter-Pantheonen, mystischen Wesen und Verbrechern anlegt, zählte zu den besseren, weil unterhaltsameren Reihen des Sub-Genres.

Nach einem vom Publikum nicht ganz so begeistert angenommenen Ausflug in die High Fantasy („Fintans Sage“, Knaur) kehrt er mit der Trilogie um die Chronik des Siegelmachers zu seinem ursprünglichen Hausverlag und auf die Erfolgsspur zurück.

Er orientiert sich an seinem Erfolgsrezept, sprich: auf einen magisch begabten Mann, der sich mit allen anlegt, um der Gerechtigkeit auf die Sprünge zu helfen. Ein Unikum: kantig, geschlagen, verfolgt, aber eben auch mutig, dickköpfig und aktiv - ein Protagonist, dem man somit sehr gerne ins Abenteuer folgt.

Passenderweise übernimmt er seine Welt aus der Druiden-Saga gleich mit, sodass sich weder Autor noch Leser hier groß umgewöhnen müssen. Ein Spin-off - so nennt man das wohl neudeutsch.

Nach einem fulminanten Auftakt und einem zweiten Band, der eher unseren Druiden im Fahrersitz sah, als dass der Siegelmagier wirklich in den Vordergrund rückte, geht es dieses Mal wieder zurück nach Schottland. Der Druide nebst Oberon & Co. lebt in Tasmanien, wir konzentrieren uns dieses Mal auf die Highlands.

Und Kevin Hearne hält so Einiges für uns in petto. Fast ist es schon ein wenig viel, was er uns hier anbietet. Da geht es - natürlich - um die Flüche, die unserem Al angehängt wurden. Dann aber kommt ein wirklich böser Mensch ins Spiel, der Politiker und Ordnungshüter gleichermaßen in der Tasche hat. Dazu gesellt sich eine Sekretärin, die weit mehr als nur helfende Mitarbeiterin ist, eine Freundin, die kurzerhand eine neue Religion nebst entsprechender Gottheit ins Leben ruft, eine Göttin, die Mensch werden möchte - und Vampire auf der Jagd nach Werwölfen gibt es so nebenbei auch noch.

Ich deutete es ja an: Ein wenig arg viel für nur einen, noch dazu recht kurzen Roman.

Unbestritten ist der hohe Unterhaltungswert des Plots, das rasante Tempo, die vielen überraschenden Ideen und Wendungen - und doch: gerade deswegen wirkt der Text ein klein wenig überfrachtet. Das ist - zugegeben - jammern auf sehr hohem Niveau, denn die Lektüre macht riesigen Spaß.