The Expanse - Season 1 (BD)

The Expanse - Season 1 Box
USA 2015

Rezension von Elmar Huber

Das 23. Jahrhundert. Die Menschheit hat längst den Mars besiedelt, der - ganz nach dem Vorbild Amerikas - die Unabhängigkeit von der Erde erklärt hat. Beide Mächte sind auf die Rohstoffe des Asteroidengürtels angewiesen, die von modernen Minen-Arbeitern, den sogenannten Gürtlern, unter ausbeuterischen Bedingungen abgebaut werden. Dort zieht auch der gigantische Raumhafen „Ceres“ seine Kreise, auf dem Arbeiter beider Nationen leben und der Dreh- und Angelpunkt für Handel jedweder Art ist. Ein eigener kleiner Planet mit teils ungeschriebenen Gesetzen. Außerdem aufgrund der miserablen Lebens- und Arbeitsbedingungen ein optimaler Nährboden für radikale Gruppierungen.

In diesem Pulverfass erhält der Sicherheitsbeamte Joe Miller (Thomas Jane: „The Punisher“, „Hung“) den Auftrag, die verschwundene Industriellentochter Julie Mao wiederzufinden. Millers Recherchen ergeben, dass Julie offensichtlich in der militanten Widerstandsorganisation Outer Planets Alliance (OPA) aktiv war, die für Unabhängigkeit und gegen die Ausbeutung der Arbeiter durch Mars und Erde kämpft. Zum Zeitpunkt ihres Verschwindens befand sich Julie an Bord des Raumschiffs „Scopuli“, das von „Ceres“ aus mit unbekanntem Ziel unterwegs war und plötzlich von den Radaren verschwunden ist.

Im Weltraum unterdessen fängt der Frachter „Canterbury“ ein Notsignal der „Scolpuli“ auf. Der Erste Offizier Jim Holden (Jon-Snow-Lookalike Steven Strait, wird übrigens wie Kit Harrington von Patrick Roche synchronisiert) bestätigt - gegen das Votum der Mannschaft - den Notruf und leitet das kleine Team der Rettungsmission. An Bord der havarierten „Scopuli“ findet sich keine Spur der Besatzung und niemand, der einen Notruf hätte senden können. Unterdessen wird die „Canterbury“ von einem getarnten Schiff unbekannter Bauart und Herkunft zerstört. Holden und seine kleine Mannschaft sind nun auf sich allein gestellt und stehen einem unbekannten Feind gegenüber.


Durch die parallele Entwicklung zweiter Haupt-Handlungsstränge, die beide ohne große Vorrede gestartet werden, dauert es etwas, bis man sich innerhalb dieses Universums zurechtgefunden hat und mit den Personen „warm“ wird. Gegen Ende von Episode 1 ist das ganz gut geschehen, sodass man gespannt ist auf die weiteren Entwicklungen beider Storys.

Besonders die Figur des Jim Holden gefällt, der im Lauf der Staffel mit den ihm teils aufgezwungen Aufgaben zusehends wächst. Er wird zum Anführer der „Canterbury“-Überlebenden, der sich trotz seines anfänglich eigenmächtigen Handelns die Loyalität seiner Mannschaft nach und nach (wieder) verdient. Auf ihrer unfreiwilligen Odyssee versucht die Crew herauszufinden, welches Motiv hinter der Zerstörung der „Canterbury“ steckt. Die Spur führt sie auf die inzwischen heruntergekommene Raumstation „Eros“ und zu Julie Mao.

Auf „Ceres“ verfolgt der desillusionierte Ermittler Miller mit seinem jungen Kollegen Havelock derweil die Spur von Julie Mao. In klassischer Film-noir-Manier klappert er seine teils dubiosen Quellen ab, um Informationen zu enthalten, gern auch mit etwas Nachdruck. Dabei muss er am eigenen Leib erfahren, wie der Einfluss der gewaltbereiten OPA auf „Ceres“ wächst. Auch was er herausfindet, gefällt nicht jedem, sodass ihm der Fall entzogen wird. Seine eigenmächtigen Ermittlungen führen ihn ebenfalls nach „Eros“, wo er und die Überlebenden der „Canterbury“ zusammentreffen.

Parallel zu den beiden Haupthandlungssträngen werden auf der Erde noch die Vereinten Nationen in Person der Unterstaatssekretärin Chrisjen Avasarala (Shohreh Aghdashloo) aktiv, der natürlich die Anzeichen dieses sich zusammenbrauenden Sturms nicht entgangen sind.

Insgesamt hätte man einige Elemente sicherlich kürzen oder flotter inszenieren können. Da sich die Geschichte recht komplex entwickelt und die Hot Spots der Handlung sehr verteilt sind, sollte man unbedingt dranbleiben und sich keine langen Pausen zwischen den Episoden gönnen. Durch das Aufeinandertreffen von Miller und den „Canterbury“-Überlebenden in Episode 8 kommt tatsächlich merklich Zug ins Geschehen. Binge Watching ist also angeraten.

Die Abschlussfolgen 9 und 10 beenden den ersten Handlungsbogen, bringen aber ein gänzlich neues Element in die Serie ein, sodass diese erste Staffel tatsächlich so etwas wie ein längerer Prolog für eine viel größere Geschichte sein könnte.

Besetzungstechnisch hat man eine gute Mannschaft auf die Beine gestellt, die nicht von ganz großen Namen dominiert wird. Vor allem durch die Charakter-Entwicklungen gefallen die (auch weiblichen) Mannen um Jim Holden: Dominique Tipper war in „The Girl with All the Gifts“ und „Phantastische Tierwesen“ dabei, Wes Chatham in „Mockingjay“ und Cas Anvar in „Argo“ und „Diana“. Etwas zu kurz kommen Jay Hernández („Hostel“, „Suicide Squad“) als Millers Partner, der jedoch verletzt wird und früh wieder ausscheidet, und der wie immer großartige Jared Harris („Mad Men“, „Sherlock Holmes: Spiel im Schatten“).

Natürlich profitiert eine SF-Serie auch stets von den Spezialeffekten, die immer erschwinglicher werden und so auch im TV bemerkenswerte CGI-Aufnahmen liefern.

Trotz einiger Längen werden SF-Fans, die Wert auf komplexe Geschichten und Charakterentwicklungen legen, bestens bedient.