Rolf Torring - Neue Abenteuer 1: Ein schreckliches Erlebnis (Buch)

Rolf Torring - Neue Abenteuer 1
Ein schreckliches Erlebnis
Thomas Ostwald
446: Ein schreckliches Erlebnis
447: Das Tal der Dämonen
448: Tambo, der Rächer
Titelbild und Innenillustrationen: Mario Heyer
Blitz, 2019, Taschenbuch 190 Seiten, 12,95 EUR

Rezension von Irene Salzmann

„Ein schreckliches Erlebns“:
Rolf Torring, Hans Warren und ihre Kameraden konnten Patricia Montessa und die Aufzeichnungen ihres Vaters aus den Händen von Verbrechern retten. Nun plant die junge Frau, das Vermächtnis ihres Vaters zu erfüllen und im kolumbianischen Dschungel nach den Relikten einer von Pizarro ausgelöschten Kultur und einer sagenhaften Mine zu forschen. Schon bald müssen sie sich gegen Indios verteidigen, welche die Expedition verhindern wollen. Patricia wird entführt, ihre Retter werden kurz darauf gefangengenommen - doch erreichen sie letztendlich ihr Ziel: eine verborgene Stadt, deren Bewohner einem weißen Krokodil huldigen, dem die Eindringlinge geopfert werden sollen.

„Das Tal der Dämonen“:
Trotz des Erlebten will Patricia nicht aufgeben und schließt sich einem Archäologen-Team an, das mit Flugzeugen zu einer zweiten Stadt aufbricht, die ebenfalls von den Chibcha-Indianern erbaut wurde, deren Nachkommen nicht wünschen, dass die Fremden ihre Schätze rauben. Rolf Torring und die anderen ahnen nicht, dass die Späher mitten unter ihnen sind, ebenso Schatzjäger, welche die Benzinvorräte der Flugzeuge sabotieren. Rädelsführer ist ein bekannter Gegner, den die Forscher sicher im Gefängnis vermutet hatten.

„Tambo, der Rächer“:
Endlich sieht Patricia die Gefährlichkeit ihres Vorhabens ein und beschließt, nicht länger nach der Mine zu suchen und das Andenken ihres Vaters auf andere Weise zu ehren. Als jedoch die beiden Archäologen entführt werden, folgt die Gruppe um Rolf Torring der Spur der Chibchas bis zum Schauplatz der letzten tragischen Ereignisse.


Die Serie „Rolf Torrings Abenteuer“ (und ihr Spin-off „Jörn Farrows U-Boot-Abenteuer“) erschienen in den Jahren 1930 bis 1939, größtenteils verfasst von Wilhelm Reinhard unter dem Pseudonym Hans Warren, dessen sich auch die anderen Autoren bedienten, die im Laufe der Zeit hinzustießen.

Wegen des Kriegs wurde die Reihe nach 445 Ausgaben eingestellt. Zwischen 1949 und 1960 wurde eine Neuauflage von 273 Heften gedruckt, von denen insbesondere die letzten Bände inhaltliche Korrekturen erfuhren. Sechs im Verlagshaus entdeckte Manuskripte des Autors erschienen später unter den Nummern 501 bis 506. Darüberhinaus wird die Serie in kleiner Liebhaberauflage von neuen Autoren fortgesetzt. Die Mosapedia verweist auf 600 Bände zuzüglich 94 Ausgaben der „Neuen Abenteuer“. Man erfährt im Internet außerdem, dass „Rolf Torring“ 1965 verfilmt wurde: „Der Fluch des schwarzen Rubin“ mit Thomas Alder („Der verkaufte Großvater“, „Liebesgrüße aus Tirol“, „Das Kriminalmuseum“) in der Titelrolle.

Wie bei vielen Büchern und Filmen aus dem vergangenen Jahrhundert muss man auch „Rolf Torring“ mit einem Verständnis für die Zeit lesen, in der die Serie geschrieben wurde. Deutschland hatte sich noch immer nicht von der Niederlage im Ersten Weltkrieg und von der Wirtschaftskrise erholt und zudem sämtliche Kolonien in Übersee verloren, obwohl das Kaiserreich nie wirklich im Reigen der imperialistischen Großmächte mitgespielt hatte. Auf diesen Aspekt wird hier allerdings kaum eingegangen.

Die internationalen Akteure (zwei Deutsche, ein Kanadier, eine Britisch-Kolumbianerin, ein Italiener, ein Afrikaner, ein Elsässer, ein Franzose und andere mehr) arbeiten zusammen gegen gefährliche Feinde und verstehen sich als Forscher, welche die weißen Flecken auf der Landkarte tilgen und die Rätsel versunkener Kulturen lösen wollen. Etwaige Schätze sollen der Allgemeinheit (Museum) gehören - nur die Gegner jagen dem Chibcha-Gold aus Gier hinterher.

Das Verhalten der Europäer und Nordamerikaner gegenüber den Einheimischen spiegelt die damaligen gesellschaftlichen Normen wider, ohne dass sich die Weißen arrogant über die Latinos und Indios erheben. Sie sind Gäste in Kolumbien, bringen Geld mit und geben den Menschen Arbeit; nebenbei sorgen sie auch schon mal dafür, dass Verbrecher von der Polizei verhaftet werden können. Umgekehrt wissen sie die Hilfe und die Kenntnisse der Einheimischen zu schätzen, ohne die die Expeditionen schon zu einem früheren Zeitpunkt gescheitert wären.

Wer die Romane und Filme über die Abenteuer von beispielsweise „Tarzan“, „Allan Quatermain“, „Hercule Poirot“ und „Charlie Chan“ kennt, dem ist dieses Gebaren, das nichts mit Rassismus zu tun hat, vertraut.

Zweifellos wurden bei „Rolf Torring“ als heikel eingestufte Textstellen längst überarbeitet. Mittlerweile geht die Zensur schon so weit, dass der Vater von „Pippi Langstrumpf“ kein „Negerkönig“ mehr sein darf, dass die Angehörigen von Carlotta aus „Hanni und Nanni“ nicht länger „Zigeuner“ genannt werden, dass einem „Tarzan“-Film im Rahmen einer Johnny-Weissmuller-Jubiläums-Dokumentation eine Warnung vor nicht mehr zeitgemäßen Darstellungen vorausgeschickt wurde und dass Netflix den Klassiker „Vom Winde verweht“ aus dem Programm geworfen hat, da man offensichtlich dem Bürger seine Mündigkeit abspricht und ihm nicht zutraut, die Geschichten im zeitlichen Kontext interpretieren zu können.

Nun, Rolf Torring und seine Begleiter sind Weltenbummler und Abenteurer in traditionellen Rollen mit Quotenfrau. Die vorliegenden drei spannenden Geschichten, die man als Trilogie verstehen kann, sollen den Leser unterhalten, ihn in ferne Länder entführen - und keine politischen Anschauungen verbreiten.

In Romanheft-Manier hält sich der Autor nicht lange mit Personen-Beschreibungen und Charakterisierungen auf, da vorausgesetzt wird, dass man die Figuren und ihre Eigenarten kennt. Infolgedessen hält sich die Handlung auch nicht mit leerem Blabla auf, sondern kommt schnurstracks zum Kernpunkt. Nach knapper Beantwortung der W-Fragen zu Beginn brechen die Protagonisten auf zu einer Expedition mit Hindernissen, für deren Überwindung sie gemeinsam immer eine Lösung finden müssen. Dass es für die wichtigsten Akteure stets ein Entkommen aus heiklen Situationen gibt, liegt auf der Hand.

Die Beschreibungen des Settings mögen zwar kurz und stereotyp sein (dichter Dschungel, Fluss voller Krokodile und Piranhas, wütend angreifende Indianer mit Pfeil und Bogen, abgeschlagene Köpfe auf Stangen, durch Fallen gesicherte Bauten etc.), genügen jedoch, um ein Feeling für den Ort zu bekommen und der kurzweilig erzählten Handlung neugierig zu folgen.

Der Autor bedient sich überdies desselben Stil-Elements, das auch Sir Arthur Conan Doyle in seinen „Sherlock Holmes“-Krimis nutzte: Nicht die Titelfigur schildert die Ereignisse aus ihrer Sicht, sondern ein treuer Kamerad. Die Rolle von Dr. Watson hat Hans Warren („nach den Aufzeichnungen Hans Warrens, erzählt von Hans Holm“, Seite 3) inne, der auf Seite 5 in einer Anspielung mit „Senor Warren-Holm“ angeredet wird. Allerdings begegnet er seinem Freund angenehm auf Augenhöhe und nicht ob dessen Intelligenz als heimlicher Bewunderer wie Dr. Watson oder K. H. Scheers Atlan in vielen „Perry Rhodan“-Heften.

Vermutlich werden es eher die reiferen Leser sein, die als Kinder begeistert „Tarzan“ und andere aus dem Programm verschwundene Filme geschaut sowie Romanhefte gelesen haben, die mit einer gewissen Nostalgie zu „Rolf Torring“ greifen werden, um an wundersamen Abenteuern teilzuhaben, wie man sie heute kaum noch geboten bekommt (da es bei „Indiana Jones“, „Lara Croft“ & Co. mehr um rasante Action, Geballer und Filmtricks geht).

Wer an dem Flair vergangener Zeiten und dem Thema Freude hat, wird gut bedient und darf sich auf weitere Bände freuen, die der BLITZ-Verlag anbietet.