Soyoung Park: Snowglobe (Buch)

Soyoung Park
Snowglobe
(Snowglobe, 2020)
Übersetzung: Bettina Ain
Piper, 2025, Paperback, 400 Seiten, 17,00 EUR

Rezension von Gunther Barnewald

Der vorliegende Roman aus dem Jahr 2020 wurde 2024 ins Englische übersetzt und von dort aus nun 2025 ins Deutsche.


Die Welt hat einen globalen Krieg erlebt, in dessen Folge eine weltweite Eiszeit aufgetreten ist (wahrscheinlich durch ein „nuklearer Winter“ genanntes Phänomen, bei dem große Mengen Staub aufgewirbelt werden, die das Sonnenlicht dauerhaft behindern; die Autorin äußert sich in ihrer Geschichte hierzu aber nicht näher).

In Korea hat man deshalb lokale Kraftwerke installiert, die für Strom und Wärme sorgen. Die umliegenden Dörfer sind durch eine Eisenbahnlinie verbunden.
Der einzige warme Ort in (wahrscheinlich Süd-)Korea (auch hierzu äußert sich die Autorin nicht) ist eine Glaskuppel namens Snowglobe (im Deutschen etwa Schneekugel), die angeblich über einem Vulkanschlot errichtet worden sein soll.

Hier leben aber nur Menschen, die mit dem Fernsehen zu tun haben und die reiche Familie Yibonn, der die Yibonn Media Group und damit die ganze Stadt unter der Kuppel gehört.

Die anderen Bewohner haben fast ausnahmslos mit dem Film zu tun, denn in dieser „Schneekugel“ werden ganz viele Live-Sendungen produziert, die ständig landesweit ausgestrahlt werden. So wird fast jeder Bewohner von Snowglobe rund um die Uhr überwacht und aufgezeichnet. Ausnahmen sind nur die Regisseure der Sendungen, die oft schalten und walten können wie sie wollen, so lange sie erfolgreich sind.

Dies zu werden ist auch der Traum der jungen Jion Chobahm, die scheinbar zufällig auch genauso aussieht wie die junge Star-Schauspielerin Goh Haeri, die eine Hauptrolle in einer der landesweit bekanntesten Shows hat, in der sie von Geburt an mitspielt (in Gegensatz zum Protagonisten des bekannten Hollywood-Films „Die Truman-Show“ weiß Haeri aber um ihre Rolle).

Eines Tages bekommt Chobham die Chance ihres Lebens geboten, denn die Regisseurin von Goh Haeris Show wendet sich heimlich an sie mit der Bitte, für Haeri einzuspringen, habe diese sich doch das Leben genommen.

In ihrer ersten Begeisterung reist Chobham mit der Regisseurin und einem Bodyguard nach Snowglobe, um dort festzustellen, dass die dauernde Überwachung durch Kameras kein wirkliches Zuckerschlecken ist, zumal die Regisseurin vor ihrer Ankunft dort den Bodyguard eiskalt sterben lässt.

Noch schwieriger wird die Lage allerdings für die junge Frau, als sie mehreren Geheimnissen in und um Snowglobe auf die Spur kommt, und zwar nicht nur dem Mysterium der begehbaren Spiegel. Bald steht Jobham auf der Abschussliste...


Die junge südkoreanische Autorin hat sich einen trickreichen Plot einfallen lassen, der immer wieder neue Wendungen nimmt und wild-kreative Haken schlägt. Davor muss man als Lesender echt den Hut ziehen! So wird die Geschichte nie langweilig, immer wenn man gerade mal durchgeatmet hat, folgt ein neuer Twist.

Die cleveren Volten lenken klug davon ab, dass der Hintergrund der ganzen Erzählung sehr vage bleibt. So erfährt man extrem wenig über die politischen Gegebenheiten im Rest der Welt, selbst die Hintergründe dieser desolaten Zukunft oder die Realitäten in Korea (was ist aus Nordkorea geworden?) werden verschwiegen. Hier hätten sicherlich ein paar erklärende Hintergründe der Geschichte mehr Glaubhaftigkeit verliehen!

Gut gestaltet (wenn auch nicht überragend) sind dagegen die entwickelten Charaktere und die Atmosphäre der Geschichte überzeugt.

Durch den hohen Spannungsgehalt hält die Erzählung die Lesenden geschickt bei der Stange, während die Autorin wohldosiert Kritik an der heutigen Mediengesellschaft und an rücksichtslosem menschlichem Vorgehen allgemein einfließen lässt.

Ein erstaunliches Debüt, nicht frei von Fehlern und mit deutlichem Verbesserungspotential, aber doch ein großes Lesevergnügen für Jung und Alt mit hohem Spannungsfaktor und cleveren Ideen.