Kyokai no Rinne 3 (Comic)

Rumiko Takahashi
Kyokai no Rinne 3
Übersetzung: Oke Maas
EMA, 2010, Taschenbuch, 192 Seiten, 6,50 EUR

Rezension von Irene Salzmann

Rumiko Takahashi, geboren am 10. Oktober 1957 in Niigata/Japan, gilt als eine der vermögendsten Frauen ihrer Heimat. Praktisch jede ihrer Manga-Serien, die meist auch als Anime adaptiert wurden, entwickelte sich zu einem großen Erfolg. Zudem gehören ihre Werke mit zu den ersten, die außerhalb Japans publiziert wurden und durch die gelungene Mischung aus Romance, Comedy, Action, phantastischen und alltäglichen Geschichten rund um sympathische Charaktere eine große Fan-Gemeinde fanden und dadurch Manga/Anime im Westen populär machten.

Die Illustrationen mögen aus heutiger Sicht etwas hausbacken wirken, haben sich jedoch, vergleichbar alten Literatur- und Film-Klassikern, einen zeitlosen Charme bewahrt, von dem andere Kreative oft nur träumen können.

1978 debütierte Rumiko Takahashi mit „Urusei Yatsura“ und ist noch heute (2024) aktiv. Zu ihren bekanntesten, mitunter vielbändigen Titeln zählen „Maison Ikkoku“, „Ranma ½“, „Inu Yasha“ und „Kyokai no Rinne“. Letzteres liegt mittlerweile komplett in 40 Bänden vor. Interessanterweise erschienen viele dieser Serien in Shonen-Anthologien, obschon sie Jungen und Mädchen, Jüngere und Ältere gleichermaßen ansprechen.


Als Nachkomme von Menschen und Shinigamis lebt Rinne Rokudo zwar in der Menschenwelt, doch ist er fähig, Geister zu sehen und sie ins Jenseits zu geleiten, wo sie endlich ihre Ruhe finden. Allerdings ist der Oberschüler auf sich allein gestellt und sehr arm, sodass er sich nur dadurch einigermaßen über Wasser halten kann, indem er einträgliche Aufträge annimmt, wenn jemand einen Geist loswerden möchte. Leider fressen die Kosten für das notwendige Equipment den Lohn sofort wieder auf - denn wichtiger als der Gewinn ist für Rinne, die Geschichte des jeweiligen Geistes zu erfahren und ihm zu helfen, denn nicht jeder ist zwangsläufig böse und führt Übles im Schilde.

Ihm zur Seite stehen der schwarze Kater Rokumon und seine Mitschülerin Sakura Mamiya, die ebenfalls Geister sehen kann, seitdem sie sich als Kind ins Totenreich verirrt hatte und von Rinnes Großmutter zurückgebracht worden war. Diese Hilfe hat er durchaus nötig, denn an der Schule und in deren Umfeld tauchen regelmäßig Geister auf.

So auch diesmal: Ein ehemaliger Mitschüler von Miho, der lange in sie verliebt war, sich ihr aber nie offenbaren konnte, wünscht sich nach seinem Tod nichts sehnlicher als ein einziges Date mit ihr.

Der Toilettengeist Hanako wurde vor einigen Jahren von seinem Platz vertrieben und sieht endlich seine Chance auf Rache gekommen. Da sie jedoch zu schwach ist, lässt sie sich auf einen Pakt mit einem bösen Geist ein, nicht ahnend, dass dieser seine Macht dadurch erlangt hat, indem er andere wie sie an sich bindet und in sich aufgehen lässt.

Ein umschwärmter Schüler verliert sein hübsches Gesicht an einen bösen Geist. Dieser wird nun immer stärker, weil er die verliebten Mädchen ins Totenreich entführt. Der verstorbene Junge sucht Hilfe bei Rinne und seinen Freunden, doch ist es gar nicht so einfach, den Bann der Liebe zu brechen.

Immer wieder taucht im Kunst-Club der Geist eines Mädchens ohne Gesicht auf und fordert, man möge sie zeichnen. Sie ist nie zufrieden und bestraft die Künstler. Rinne rätselt, ob sie wirklich ein Geist ist oder nicht etwas ganz anderes.


In diesem Band vergrößert sich der Kreis um Rinne durch Tsubasa Jumonji, der aus einer Geisteraustreiber-Familie stammt und einst ein Klassenkamerad von Sakura war, die Freundschaft jedoch nicht aufrechterhalten konnte, weil er mit den Eltern ständig umziehen musste. Endlich trifft er seine große Liebe wieder, sorgt für romantische Verwirrung und erkennt rasch, dass es etwas Besonderes zwischen Sakura und Rinne gibt, was die beiden selbst noch nicht bemerkt haben.

Infolgedessen bahnt sich eine Art Wettstreit zwischen Rinne und Tsubasa an, die einerseits ihren Job erledigen, andererseits Sakura beeindrucken und für sich einnehmen wollen. Die Wahl ihrer Mittel ist in beiden Fällen grundverschieden: Tsubasa hält jeden Geist für böse und will ihn eliminieren, verfügt zudem über ausreichend finanzielle Mittel. Rinne möchte den Geistern helfen, ihren Frieden zu finden, und ist arm. Sakura sitzt keineswegs zwischen den Stühlen, selbst wenn sie in erster Linie nur auf das reagiert, was um sie herum passiert, und versucht, das Richtige zu tun.

Man kann durchaus feststellen, dass der Handlung jeder Story ein bestimmtes, sich wiederholendes Schema (nebst Running Gags) zugrunde liegt. Für Abwechslung sorgen die unterschiedlichen Geister und sonstige Wesen, gute und böse, die auf immer andere Weise vom freiwilligen Rückzug aus der Menschenwelt überzeugt, bekämpft oder unschädlich gemacht werden müssen.

Die Motive aus dem Buddhismus und der japanischen Mythologie (Samsara, Shinigami, traurige und böse Geister etc.) erscheinen exotisch und faszinieren. Freilich gibt es etliche andere Mangas, die sich dieser Themen bedienen, darunter „Bleach“, „Yami no Matsuai“ und „Death Note“, doch sind die Parallelen zu diesen geringer als zu den übrigen Serien Rumiko Takahashis, die ihrer eigenen Stil kreiert hat: inhaltlich, erzählerisch, zeichnerisch - und mit ihrem Konzept bald ein halbes Jahrhundert die Leser immer wieder zu begeistern versteht.

Auch wenn man die ersten eher episodenhaften Storys problemlos ohne Vorwissen lesen kann, bauen die Geschehnisse auseinander auf, sodass man mit Band 1 beginnen sollte, um sich nicht selbst vieler unerwarteter Wendungen und Enthüllungen zu berauben, die jetzt schon angedeutet werden. „Kyokai no Rinne“ ist ein großartiger Familien-Spaß, sofern man Rumiko Takahashis Stil schätzt.