Alexandra Gehring: Cuckold Extrem (Buch)

Alexandra Gehring
Cuckold Extrem
Blue Panther Books, 2023, Taschenbuch, 184 Seiten, 12,90 EUR

Rezension von Irene Salzmann

Eigentlich sind Manuel und Anika glücklich verheiratet, und da beide für allerlei erotische Spiele offen sind, wird es im Bett nie langweilig. Entsprechend überrascht, ja, entsetzt ist Anika, als sie von ihrem Mann aufgefordert wird, mit einem Unbekannten, den er auswählen will, Sex zu haben, während er ihr Treiben als „Cockold“ (S. 40 ff - das Lektorat hätte bei der Lektüre etwas sorgfältiger arbeiten dürfen; allein der Titel „Cuckold“ ist korrekt geschrieben) beobachtet und filmt.

Mehrere Tage hängt der Ehesegen schief, bis Anika schließlich nachgibt und durchaus auf ihre Kosten kommt.

Obschon Manuels Wunsch erfüllt wurde, ist er erneut verstimmt und braucht eine Weile, um seine Eifersucht in den Griff zu bekommen. Statt infolgedessen das Experiment abzuhaken, geht es weiter und gipfelt darin, dass Anika in einem abgelegenen Haus von einem Paar zur willigen Sklavin abgerichtet wird. Eine Flucht ist unmöglich. Ihr bleibt bloß, sich zu fügen und die erniedrigenden, schmerzhaften Prozeduren über sich ergehen lassen.

 

Die Geschichte von Anika und Manuel, die auf dem Backcover als Hauptstory vorgestellt wird, ist eingebettet in die Erlebnisse anderer Charaktere, die auf unterschiedliche Weise SM-Praktiken kennenlernen und dabei für sich höchste Genüsse entdecken. Einige dieser Einstiege in die Welt von Dominanz und Unterwerfung darf der Leser direkt begleiten, andere werden von den jeweiligen Protagonisten während einer Unterhaltung geschildert.

Dabei erweisen sich zwei junge Frauen, Carmen und Theresa, die in einem Exklusiv-Club, Loge genannt, tätig sind, als Verbindungsglied für alle SM-Anhänger, die letztendlich zu Mitgliedern werden, darunter sogar solche Fälle, die eine Erziehung zunächst nicht freiwillig durchgemacht haben wie Leonie, die sich obendrein aus einer Beziehungstragödie befreien musste.

Wenn man nicht allzu viel mit SM anfangen kann, an Demütigungen, Schmerzen, Atemkontrolle und so weiter nichts erotisch findet, wird einem diese Gedanken- und Gefühlswelt weitgehend verschlossen bleiben. Man wundert sich zum Beispiel, wieso Manuel seine Ehe aufs Spiel setzt, obwohl Anika ihm nahezu alle Wünsche erfüllt, und die Ahnungslose in die Hände eines sadistischen Paares gibt, trotzdem er ihr Sicherheit versprochen hatte und somit einen Vertrauensbruch begeht. Oder man staunt über Leonie, die nach ihren traumatischen Erlebnissen im Haus desselben Paares und mit ihrem schurkischen Freund gar auf den Geschmack kommt. Als Begründung wird stets genannt, dass durch SM die Sinneswelt erweitert wird, großartige Orgasmen inklusive, was man an dieser Stelle einfach so stehen lässt.

Abgesehen von einzelnen Protagonisten, die mehr Freude an vertraulichen Gesprächen und am Beobachten haben oder unverbindlichen Sex suchen, bei dem jeder auf seine Kosten kommt, lassen die anderen ihren Neigungen freien Lauf, brauchen immer wieder Neues für den Kick, darunter Dinge, die gewiss nicht jeder ausprobieren oder davon im Detail lesen möchte.

Durch mehrere Einzelstorys wirkt „Cuckold extrem“ zunächst etwas zerfahren und konzeptlos. Erst später stellen das erneute Auftauchen der Protagonisten vom Anfang und die Loge einen Zusammenhang her. Das Krimi-Element bleibt sehr vage und auf Freiheitsberaubung, Nötigung, Quälereien (alles nach Vertrag) und Zwangsprostitution begrenzt. Der Fokus gilt dem Sex, der mit einer Steigerung dessen einhergeht, was vom devoten beziehungsweise masochistisch veranlagten Partner verlangt wird.

Es gibt härtere SM-Titel bei Blue Panther Books, aber auch dieser ist nicht ohne und daher in die Richtung jener adressiert, die dieser Spielart etwas abgewinnen können. Wem solche Szenarien zu happig sind, findet zweifellos Bücher im reichhaltigen Verlagsprogramm, die besser auf seine Ansprüche und Themen zugeschnitten sind.