T. Kingfisher: The Hollow Places - Kara und die rätselhafte Welt hinter den Dingen (Buch)

T. Kingfisher
The Hollow Places - Kara und die rätselhafte Welt hinter den Dingen
(The Hollow Places, 2020)
Übersetzung: Sonia Bonné
Titelbild: Natasha MacKenzie
Eichborn, 2024, Paperback, 364 Seiten, 18,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Kara ist Mitte dreißig und hat sich gerade von ihrem Mann scheiden lassen. Als freischaffende Grafik-Designerin verdient sie nicht wirklich gut, sprich, sie müsste eigentlich bei ihrer Mutter unterschlüpfen.

No way - da kommt das Angebot ihres Onkels gerade recht, erst einmal in seinem Gottes-lob-Museum für Naturwunder, Kuriositäten und Tierpräparate zu wohnen und den Bestand zu katalogisieren. Back to her roots also, da sie in ihrer Jugend des Öfteren beim Onkel im pittoresken Hog Chapel in North Carolina geparkt wurde.

Der Bestand des Museums: jede Menge präparierte Tierleichen, eine unübersehbare Anzahl seltsamer, wundersamer oder unbekannter Objekte - und ein Kater, der die Mäuse davon abhält, den Bestand zu dezimieren.

Nach Feierabend trifft sie sich mit Simon, der für seine Schwester das Café neben dem Museum betreibt. Als ehemaliger Drogendealer - lange Story - und gerne mit einem Zylinder auf dem Kopf unterwegs, ist der bekennend schwule Mann eine Seele von Mensch.

Als der Onkel wegen einer Knie-OP im Krankenhaus liegt, entdeckt Kara ein Loch in einer der Rigips-Wände des Museums. Sie bittet Simon um Hilfe beim Flicken - ohne zu ahnen, dass sie auf eine Tür in eine andere Realität gestoßen sind.

Narnia lässt grüßen, als unsere beiden Protagonisten durch einen Gang in eine Welt voller winziger, mit Weiden bewachsener Inseln vorstoßen. Doch sie bemerken nur allzu bald, dass dort etwas Unheimliches, etwas Gefährliches, etwas Böses lauert - willkommen auf der Rückseite der Realität, deren Gefahren sie nur durch die tatkräftige Mithilfe einiger Museumsstücke überleben können…


Willkommen zu einem wunderbar eigenständigen Horror-Roman, der mit ebenso sympathischen wie schrägen Charakteren und vielen Ideen punktet.

Auf der Haben-Seite steht zunächst einmal eine Welt, die ganz unaufgeregt dargestellt wird: eine Wasserlandschaft mit kleinen Inseln, jeweils mit einer Tür in ein bunkerähnliches Gebäude, das manches Mal in eine andere Welt zu führen scheint. Dass dabei ein blauer Schulbus und Schriftzeichen ihren Weg kreuzen, macht sowohl unseren beiden Protagonisten als auch uns Lesende deutlich, dass hier etwas lauert.

„Sie können dich hören. Bete, dass sie hungrig sind“, steht an einer Wand - und „je mehr man sie fürchtet, desto stärker werden sie.“

Tja, und dann beginnt die Suche unserer beiden Gestrandeten nach Aufklärung, Überleben und letztlich die Flucht. Das Tempo zieht immer mehr an, die hintergründige Bedrohung wird nie plakativ aufgebaut. Wir bangen mit unseren beiden Gestrandeten, fragen uns mit ihnen, wo sie sind, was hinter den gefundenen Botschaften steckt, wer die wenigen Bewohner der Inselwelt wohl sind. Rätsel gesellen sich zu Bedrohungen. Der Aufbau der Bühne, auf der die Handlung abläuft, ist herrlich unaufgeregt und unauffällig - dafür umso wirkungsvoller inszeniert.

So ist dies ein Roman der eher leisen Töne. Aber auch ein Buch, das uns Lesende in seinen Bann zieht, mit Stimmung und Charakteren punktet und uns letztlich die Seiten befriedigt zuklappen lässt.