M. L. Wang: Blood Over Bright Haven (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 17. März 2025 09:48

M. L. Wang
Blood Over Bright Haven
(Blood Over Bright Haven, 2023)
Übersetzung: Ulrike Brauns
Adrian, 2025, Hardcover, 480 Seiten, 22,00 EUR
Rezension von Christel Scheja
M. L. Wang ist eine zurückgezogen lebende Autorin. „Blood over Bright Haven“ ist zunächst im Selbstverlag erschienen, war dann aber so erfolgreich, dass der Roman auch noch einmal in einem Verlag erschien und ausländische Übersetzungen erfuhr, so wie hier in Deutschland.
Sciona hat zwanzig Jahre ihres Lebens geopfert, um ihr Ziel zu erreichen: Sie will als erste Frau in den Kreis der Hochmagier aufgenommen werden und mit ihren Zaubern Großes für ihre Stadt und ihr Volk erreichen. Dabei lässt sie sich auch von den Steinen, nicht entmutigen, die man ihr in den Weg legt.
Einer von diesen scheint auch Tom der Hausmeister zu sein, der ihr als Gehilfe zugeteilt wird, gehört er doch zu den primitiv lebenden Kwen. Doch je enger die beiden miteinander arbeiten, desto mehr erweitert der ehemalige Jäger den Horizont der Magierin und lässt sie erkennen, auf welch grausamer Lüge ihre Welt aufgebaut wurde.
Auf den ersten Seiten bekommt man tatsächlich noch den Eindruck, es handle sich um einen der vielen „Dark Academia“-Romane, in denen eine Heldin um Anerkennung in einem ansonsten männlichen Kollegium ringen muss und sich daher mehr als alle anderen ins Zeug legt, um die Magie zu meistern. Aber der Eindruck verfliegt erstaunlich schnell, gerade als Sciona und der Kwen-Hausmeister enger miteinander zusammenarbeiten und sich auszutauschen beginnen. Denn gerade, weil Tom nicht so duldsam wie andere seines Volkes ist und ihr entsprechende Widerworte gibt, aber auch Erklärungen, kommt die Magierin ins Nachdenken, Zweifeln und beginnt nachzuforschen.
Hier liegt die besondere Stärke des Romans, denn die Autorin geht völlig in der akademischen Welt der Magier auf, die ihre Zaubersprüche programmieren. Sie schafft es, das komplexe und ungewöhnlich anmutende Magiesystem glaubwürdig zu vermitteln. Zusammen mit der Heldin und ihrem Verbündeten taucht auch der Leser Schritt um Schritt tiefer in den Hintergrund ein, der nicht ohne ist. Dabei ist nicht einmal allzu viel Action vonnöten - Spannung entsteht durch die Enthüllungen.
Konflikte zwischen den Hauptfiguren, die die Handlung tragen, gehören natürlich auch dazu. Dabei sind Beide auf ihre Weise gleich stark und bedeutsam, bleiben sich und ihren Idealen treu, auch wenn sie nach und nach Achtung und sogar Zuneigung gegenüber dem anderen entwickeln. Für mehr als leise Gefühle bleibt aber kein Platz während der Ereignisse, die letztendlich in einem dramatischen Finale gipfeln, das anders ausgeht, als viele Leser erwarten dürften. Aber die Autorin bleibt sich treu und den Figuren gegenüber respektvoll.
Das Ganze ist eingebunden in eine glaubwürdige Steampunk-Atmosphäre, die auch in ihren Schattenseiten stark an das viktorianische Zeitalter erinnert. Ebenso wie manche der Themen, die ebenfalls durchklingen, gerade was die unterdrückten Kwen betrifft.
Man mag es kaum glauben, aber „Blood Over Bright Haven“ ist ein Highlight bei den aktuellen Fantasy-Neuerscheinungen. Denn auch wenn die Geschichte in einer Universität spielt und zunächst „Dark Academia“-Vibes verbreitet, so bietet die Handlung doch weitaus mehr als das. Beginnend mit einem außergewöhnlichen Magiesystem, über starke und selbstbewusste Hauptfiguren, die sich treu bleiben, bis hin zu einer klug aufgebauten Handlung mit aufrüttelnden Themen und einem Ende, das man so schnell nicht vergisst. Gerade Genre-Fans werden ihren Spaß haben, denn die Geschichte bietet all das, was sie sich wünschen, und kommt tatsächlich ohne romantische Gefühle aus.