Martha Wells: Systemkollaps - Ein Killerbot-Roman (Buch)

Martha Wells
Systemkollaps - Ein Killerbot-Roman
(System Collapse, 2024)
Übersetzung: Frank Böhmert
Titelbild: Jaime Jones
Heyne, 2025, Paperback, 302 Seiten, 15,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

„Ich weiß nicht, ob Sie es schon wussten, aber für eine Menschengruppe Zuneigung zu entwickeln, läuft immer auf Komplikationen hinaus.“ (S. 55).

Hallo zusammen - eure allerliebste, freidrehende Security-Unit meldet sich zurück. Inzwischen kennen wir uns ja; ihr da draußen, lehnt euch behaglich und in Sicherheit zurück, während ich mal wieder die Kastanien aus dem Feuer hole. Genau dafür wurde ich ja auch entworfen - ergo muss ich auf den Genuss meiner gestreamten Weltraum-Opern mal wieder ein wenig verzichten.

Also, wir - damit meine ich die Tochter meiner Ex-Klientin und weitere Verwandtschaft - sind mal wieder auf einem Planeten unterwegs, natürlich in guter Mission. Eine Alien-Kontamination hat dafür gesorgt, dass ich eine verwandte, jedoch übergeschnappte KI-Seele permanent stilllegen musste. Jetzt wollen wir die Siedler davon überzeugen, zu ihrem eigenen Schutz die Kolonie zu verlassen.

Dumm dabei ist, dass es am Pol eine weitere Niederlassung der Siedler gibt, die sich natürlich in einem Prä-CR-Habitat befindet. Noch dümmer ist dann, dass der Barish-Estranza-Konzern eine Erkundungstruppe auf dem Planeten abgesetzt hat - Ziel der BE-Truppe ist natürlich die Vereinnahmung der Siedler, die Eliminierung jeglicher Störfaktoren (so wie meine Familie und ich)…


Wie habe ich die ersten Novellen von Martha Wells aus ihrem „Killerbot“-Universum gefeiert. Auch wenn uns die Verfasserin kaum wirkliche Romane anbietet, sondern sich stattdessen auf längere Novellen konzentriert, die durchaus in Beziehung zueinander eine fortlaufende Geschichte erzählen, boten die Texte doch jede Menge Spannung, Faszination und Lesevergnügen.

Umso überraschter war ich bei vorliegendem, in einem doch sehr lesefreundlichen Satz gesetzten Buch.

Der Beginn gestaltet sich zunächst recht chaotisch, ja unzusammenhängend. Killerbot hat scheinbar ein wenig seinen Esprit verloren. Wir finden uns auf dem Planeten und in der Handlung kaum zurecht. Vieles aus den früheren Erzählungen wird vorausgesetzt, doch selbst mit der Kenntnis dieser fällt es mir schwer, dem Fortlauf des Plots wirklich Faszination abzugewinnen. Die Monologe und Dialoge wirken uninspiriert, die Auseinandersetzungen lassen wirkliche Spannung vermissen.

Erst mit der Einführung der Handlung am Pol und der Auseinandersetzung mit der BE-Gruppe wird es besser. Bis zur Mitte der Novelle aber fehlt dem Text vieles, nein, eigentlich alles, was die vorhergehenden Geschichten um Killerbot so auszeichnete. Nichts ist zu entdecken von der Selbstironie unserer SecUnit, keine schlagfertigen Bemerkungen zu den Eigenheiten der Biologischen, keine verhaltene Kritik an dem blinden Gewinnstreben der allmächtigen Konzerne.

Insoweit ist dieses Buch leider eine Enttäuschung, einfach auch, weil die Messlatte, die von Martha Wells selbst in den vorhergehenden Novellen des Zyklus sehr hoch gelegt worden war, dieses Mal leider gerissen wird.