Claudia Kern: Sissi – die Vampirjägerin: Scheusalsjahre einer Kaiserin (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 27. Februar 2011 20:37

Claudia Kern
Sissi – die Vampirjägerin: Scheusalsjahre einer Kaiserin
Titelbild von Jürgen Speh
Panini, 2011, Paperback, 318 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-8332-2254-2
Von Christel Scheja
Claudia Kern dürfte den meisten als Redakteurin der Zeitschrift „SpaceView“ und als Heftromanautorin bekannt sein. Seit einigen Jahren ist sie aber auch als Autorin auf dem Buchmarkt aktiv, zuletzt mit einer Fantasy-Trilogie bei Blanvalet. Nun legt Panini ihren neusten Ausflug ins Grusel-Genre vor, der auch noch einem anderen Trend folgt, nämlich literarische Klassiker oder historische Persönlichkeiten in die Welt der dunklen Phantastik zu versetzen und eine andere Seite der Geschichte zu zeigen. Romy Schneider hat mit den drei „Sissi“-Filmen das Bild der letzten großen österreichischen Kaiserin über Generationen geprägt. Doch könnte ihr Schicksal nicht ganz anders ausgesehen haben?
In der Mitte des 19. Jahrhunderts ist der europäische Adel fest in der Hand von Vampiren. Durch kluge Heirat, Beeinflussung und skrupelloses Handeln haben sie auch das Kaiserreich der Habsburger an sich gerissen und genießen, von den meisten Menschen unbemerkt, ihr Leben in vollen Zügen. Damit man ihnen nicht allzu sehr auf die Schliche kommt, hat Erzherzogin Sophie ihren „Sohn“ Franz-Josef auf den Thron gesetzt. Der erst um die achtzig Jahre alte Vampir scheint willfährig und gehorsam zu sein, so dass sie nun auch glaubt, ihn gut verheiraten zu können, damit die Menschen keinen Verdacht schöpfen. Ihre Wahl fällt auf Nene, eine der Töchter des Herzog Max in Bayern, der mit einer ihrer „Schwestern“ verheiratet ist. Was Sophie allerdings nicht weiß ist, dass der Herzog Angehöriger eines Geschlechts von Vampirjägern ist. Seit der Zeit des „Neuen Reiches“ in Ägypten kämpfen die Sterblichen, die die geheime Macht erkannt haben, gegen die Vampire und versuchen sie auszurotten. In die Fußstapfen des alten Mannes soll nun seine jüngere Tochter Sissi schlüpfen. Doch das Schicksal meint es anders – kommt es doch vor dem Treffen mit der auserwählten Braut zu einem Treffen von Franz Joseph und Sissi, das alles verändern wird.
„Sissi – die Vampirjägerin: Scheusalsjahre einer Kaiserin“ ist zweifellos ein abgedrehter Roman, aber damit steht er in guter Tradition zu den Zombie-Umdichtungen von literarischen Klassikern, die zu uns schwappt. Claudia Kern geht dabei ausgesprochen geschickt vor, da sie sich nicht scheut, sich gewisser Szenen und Bezeichnungen aus den alten deutschen „Sissi“-Filmen zu verwenden, denn die meisten ihrer Leser dürften sie mindestes einmal gesehen haben. Das fängt mit Bezeichnungen oder Aussprüchen wie „Papile“ oder „Na Bravo!“ an und hört mit Szenen auf, wie die Verkündung der Verlobung von Franz und Sissi.
Die Handlung bewegt sich dann irgendwo zwischen melodramatischem Kitschroman und bissigem Horror, auch wenn nicht alle Szenen wirklich überzeugen können und dann selbst für eine Parodie zu übertrieben wirken. Natürlich ist die Geschichte in weiten Teilen vorhersehbar – auch wenn die Autorin eine Bedrohung einbindet, die für ein bisschen Action sorgt – tatsächlich kommt es eher darauf an, was die Autorin aus den Szenen macht und ob ihre Figuren wirklich überzeugen können. Das gelingt Claudia Kern ganz gut mit Franz-Josef, dessen Zerrissenheit zwischen menschlichen Gefühlen und vampirischer Natur sehr gut zur Geltung kommt, Sissi dagegen bleibt lange Zeit blass und gewinnt erst zum Ende hin Farbe, wenn sie selbst etwas mehr hinter die Kulissen blickt.
Alles in allem erweist sich „Sissi – die Vampirjägerin: Scheusalsjahre einer Kaiserin“ als augenzwinkernde Parodie auf die K&K-Monarchie in gewissen deutschen Filmreihen. Horror und Melodram verbinden sich zu einer humorvollen Mischung, schräger Figuren und abgedrehter Szenen, die erfrischend anders ist als die üblichen satirischen Blicke auf den modernen Vampir-Grusel.