Efua Traoré: Kinder des Treibsands (Buch)

Efua Traoré
Kinder des Treibsands
(Children of the Quicksands, 2021)
Übersetzung: Efua Traoré
Karibu, 2024, Hardcover, 288 Seiten, 16,99 EUR

Rezension von Christel Scheja

Afrika ist für viele Europäer immer noch ein unbekannter Kontinent, denn die Nachrichten berichten überwiegend von Kriegen, Konflikten, Armut und Hunger, Dokumentationen zeigen nur sehr selten die facettenreichen und teilweise schon sehr alten Kulturen der dort lebenden Menschen. Kinderbuchautoren wie die Deutsch-Nigerianerin Efua Traoré versuchen das mit ihren Geschichten zu ändern, geben den Abenteuern oft auch eine mythisch-phantastische Note - so wie in „Kinder des Treibsands“.


Simi ist ganz und gar nicht davon begeistert, als sie ihre Mutter in den Sommerferien zu ihrer Großmutter schickt, weil sie selbst nach London zu einer Schulung muss. Denn sie möchte die Vorteile von Lagos, ihr Handy und das Fernsehen nicht missen. Aber sie hat keine andere Wahl, als sich in das Dorf ohne Strom und fließendes Wasser zu begeben.

Anfangs ist es schwer, sich an alles zu gewöhnen, doch mit einer unangenehmen Erfahrung wird alles anders. Denn Simi hat schon bald jeden Grund, sich den Traditionen und der Lebenswelt ihrer Großmutter zu öffnen, denn sie erwartet ein ebenso gefährliches wie spannendes Abenteuer.


Weil die meisten Berichte und Dokumentationen immer nur die dunklen Seiten Afrikas zeigen, wird oft vergessen, dass viele Menschen dort auch ein ganz normales Leben führen und mit dem glücklich sind, was sie haben. Die Autorin zeigt auf anschauliche Weise, dass das Leben in den Städten sich gar nicht einmal so sehr von dem Standard in Europa unterscheidet und dass ein Dasein ohne Strom und andere technische Annehmlichkeiten auch sehr schön sein kann.

Daher bietet sie dem Alltag im Dorf auch einen gewissen Raum, ehe sie den Leser dann nach und nach immer tiefer in die Mythologie, den tief verwurzelten Lebensstil und Glauben einführt. Denn natürlich gibt es auch eine ebenso spannende wie phantastische Geschichte, die alte Sagen und Magie in ein dramatisches Abenteuer einbindet.

Die Autorin erzählt das Ganze mit sehr viel Liebe zum Detail, warmherzigen Momenten und schafft es doch auch immer wieder durch kleine Wendungen, neugierig auf das Abenteuer und seine Auflösung zu machen. Denn immerhin verändern die Erlebnisse nicht nur Simi, sondern auch andere im Dorf, vor allem ihre Mutter und Großmutter und lassen den Leser - egal welchen Alters - zufrieden zurück.

Das Buch gibt dem modernen Afrika eine Stimme, zeigt, wie facettenreich und lebendig die Kultur in einem Land wie Nigeria sein kann und dass technische Errungenschaften und ein westlicher Stil nicht alles sind. Vielleicht mag die Geschichte für die Kinder etwas romantisiert sein und einfache Lösungen finden, dennoch sind es gerade die abwechslungsreichen Schilderungen, die auch erfahrenen Lesern das Leben in Nigeria heute näherbringen können.

„Kinder des Treibsands“ bietet daher weitaus mehr als ein mythisches und magisches Abenteuer. Lesern wird auf spielerische Weise auch die Augen geöffnet, wie das Leben in einem Land - in diesem Fall Nigeria - sein kann und dass es abseits der Städte keinesfalls armselig sein muss, sondern in seiner Einfachheit reichhaltiger als westliche Menschen bisher wussten.