Kim Harrison: Der Teufel trägt Turnschuhe – Madison Avery 2 (Buch)

Kim Harrison
Der Tod trägt Turnschuhe
Madison Avery 2
(Early to Death, Early to Rise)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Sandra Knuffinke und Jessika Komina
Loewe, 2011, Paperback mit Klappenbroschur, 292 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-7855-7197-2

Von Carsten Kuhr

Was macht man an seinem siebzehnten Geburtstag? Ausgelassen Feiern natürlich, jede Menge Spaß haben und es sich gut ergehen lassen. Madison Avery aber hatte eine etwas andere Verabredung – eine mit ihrem Tod! Doch damit war ihr Leben noch lange nicht vorbei, hat sie doch ihrem Mörder ein magisches Amulett geklaut, das ausgerechnet sie letztlich zur Zeitwächterin, der Anführerin der Seraphim, der schwarzen Todesengel, macht.

Gemeinhin war über Äonen die übernatürliche Welt eindeutig unterteilt. Die Schutzengel versuchten ihre jeweilige Zielperson, so böse sich diese auch verhielt, am Leben zu halten, die Seraphim suchten den zukünftigen Sünder zu erlösen, bevor dieser zuviel Schuld auf sich laden konnte. Erlösen, das ist ein wirklich netter Ausdruck dafür, denjenigen Welchen umzubringen. Doch nun, so hat sich Avery auf ihre Fahnen geschrieben, soll und wird sich alles ändern. Statt den künftigen Sünder gleich umzubringen, soll diesem die Möglichkeit eröffnet werden, vom unheilvollen Pfad abzuweichen, sich selbst zu retten. Avery glaubt an den freien Willen jedes Individuums, und macht sich, begleitet von dem ehemaligen weißen Engel Barnabas, der Seraphim Nakita und dem Botenengel Grace auf, ihre Überzeugung der mehr als skeptischen Engelswelt zu beweisen.

Ein noch nicht einmal volljähriger Schüler hat einen Computervirus entwickelt, der nicht nur das Netz seiner Schule, sondern in der Folge auch das des örtlichen Krankenhauses lahmlegen wird. Angesichts der Publicity, die die vielen Opfer ihm bringen, wird er in den Jahren danach als Internetterrorist für den Tod Unzähliger verantwortlich sein.

Eigentlich ein ganz klarer Fall für das Sensen. Doch Avery mit ihrem Glauben an das Gute im Menschen, versucht die Katastrophe aufzuhalten – wenn der Nerd nur einsichtig wäre. Als sich dann noch ihr Vorgänger im Amt einmischt scheint das Projekt bereits vorab gescheitert zu sein...

Nach einem, etwas verhaltenen Auftakt im ersten Teil der Jugendbuchreihe starten Autorin wie ihre Hauptperson jetzt richtig durch. Die Bühne ist gerichtet, endlich hat Harrison den Platz, ihre Personen dezidierter zu beleuchten. Ähnlich wie in ihrer bei Heyne erscheinenden „Rachel Morgan“-Saga, sammelt sie um ihre mutige Kämpferin allerlei Unikate an Helfern. Die einander zunächst spinnefeind gegenüberstehenden Engel, der reimende Botenengel – das sind durchaus lustige, wenn auch gängige Typisierungen, die dem Leser den Einstieg in die Handlung erleichtern.

Dass Avery sich in all ihrer Impulsivität oft selbst im Weg steht, dass sie trotzdem mutig versucht, das Richtige zu tun und ihren Weg zu gehen, macht sie zur idealen Identifikationsfigur – gerade auch für die projektierte Zielgruppe. Sie, die Ausgegrenzte, die Einzelgängerin, zeigt Courage, setzt sich durch, wenn auch oft erst nach herben Rückschlägen und bitteren Fehlern. Doch sie verliert nie ihren Mut und ihr Ziel, sie selbst zu bleiben und verkarstete Strukturen aufzubrechen, aus dem Auge.

Das liest sich durchaus spannend, besticht durch die unterschiedlichen Charaktere und reift zusehends zu etwas Eigenständigem heran.