Robert Kraft: Wir Seezigeuner 3 (Buch)

Robert Kraft
Wir Seezigeuner 3
Kapitel 86-128
Titelbild: Adolf Ward
Verlag Dieter von Reeken, 2023, Hardcover, 528 Seiten, 35,00 EUR

 

Rezension von Carsten Kuhr

Wie üblich ohne jegliche Zäsur geht es weiter mit der Biographie eines Seefahrers, der spät in seinem Leben ein eher zurückgezogenes Dasein als Leuchtturmwächter an der Ostküste der Vereinigten Staaten fristet.

Vorher aber geht es munter weiter in den Erzählungen um die Seefahrten, die Abenteuer und die Geheimnisse unseres Seebären, Richard Jansen.

Dabei beginnen sich die Plots ein wenig zu wiederholen. Immer wieder stößt man auf Schätze, die dann entweder gewollt oder gestohlen abhanden kommen. Gefechte, Belagerungen und Verfolgungsjagden schließen sich an. Dabei stößt unser Erzähler tatsächlich auch wieder auf seine Angetraute, erkundigt sich nach seinem Kind. Dass sein Weib die Familie ihres früheren Mannes, die sie um ihr Erbe betrogen hat, zu sich eingeladen hat und beherbergt, kommt ihm nicht ganz koscher vor. Ist sie wirklich eine Frau der vergebenden Art, oder wartet die Rache, eiskalt serviert, um die Ecke?

Dass die „Sturmbraut“ einen neuen, sicheren Hafen benötigt - immerhin machen das Empire sowie die Konföderierten Jagd auf unseren Freibeuter -, bringt sie wieder in Richtung der festliegenden „Indianarwa“. Kaum auf dem Riesenschiff angekommen, findet unser Kapitän nicht nur seine Leibrente, sondern auch ein Schriftstück, das ihm die „Indianarwa“ vermacht.


Ich deutete es weiter oben bereits an. Robert Kraft verfasste seine Kolportage-Abenteuer ja am Fließband. Dies hatte zur Folge, dass die Romane jeweils sehr lang wurden, aber auch, dass er so schrieb, dass auch neue Leser, die die Vorgeschichte nicht kannten, jederzeit in die Handlung einsteigen konnten.

Er musste Woche für Woche sein Pensum an Manuskriptseiten abliefern, in jeder dieser Lieferungen packende Cliffhanger präsentieren, um seine Rezipienten bei der Stange zu halten. Dies führt zu einen dazu, dass die Handlung von einem dramatischen Höhepunkt zum nächsten jagt, dass er aber auch sich selbst immer einmal wieder plagiiert. Zwar versucht er dabei immer neue Schwerpunkte und überraschende neue Details einzubauen, dennoch kommt dem Leser, der die wöchentlichen Lieferungen anders als die ursprüngliche Zielgruppe en block goutiert, so Einiges bekannt vor.

Weiterhin baut der Verfasser natürlich auf sein eigenes, als Seefahrer erworbenes nautisches Wissen. Er kannte sich aus auf dem Meer, wusste, wie es an Bord eines Schiffes zugeht, wie Seeleute denken und sich verhalten. Auch fremde Gestade waren ihm, zumindest deren Häfen, bekannt. Diese Erinnerungen reicherte er dann mit angelesenem - oftmals falschem - Wissen um Volk und Gebräuche an. Robert Kraft war ein Kind seiner Zeit, deswegen muss man die heute überholten Darstellungen fremder Völker, die falschen Informationen um Land und Leute, als das akzeptieren, was sie sind: schlicht damaliger Standart.

Dessen ungeachtet lesen sich seine Texte heute noch packend, tauchten vor meinem inneren Auge die beschriebenen Landschaften und Figuren auf - nicht das Schlechteste, was man über einen Autor und sein Werk nach über 100 Jahren sagen kann, oder?