Miz Dobler: Das Brunnenhaus der Götter (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 03. Mai 2023 20:07

Miz Dobler
Das Brunnenhaus der Götter
Archelon, 2022, Paperback, 218 Seiten, 12,90 EUR
Rezension von Christel Scheja
Miz Dobler wohnt in Wien und lebt dort einen unkünstlerischen Alltag, schätzt die Anonymität der Großstadt und entführt nun in ein spannendes Gedanken-Experiment zwischen Diesseits und Jenseits in „Das Brunnenhaus der Götter“.
Franz weiß, dass er tot ist und sich nun im Jenseits befindet, aber das ist anders, als er erwartet hat: kein strahlender Himmel, keine grausame Hölle, sondern einfach nur ein Dasein aus den Erinnerungen, Gefühlen und Gedanken, die seine Seele ausmacht. Er mag in Noach zwar einen Führer haben, der ihn zeitweise begleitet, allerdings merkt er sehr schnell, dass die Ewigkeit schnell sehr lang werden kann und sich festfährt. Und das weckt in ihm den Wunsch, etwas an der Situation zu verändern. Vielleicht findet er in der Bibliothek und dem Brunnenhaus Antworten.
Sicherlich haben sich Viele schon einmal Gedanken über das Leben nach dem Tode gemacht, teilweise geprägt durch christliche oder andere religiöse Paradies-Vorstellungen, aber es gibt natürlich auch andere Ideen, die philosophisch-spirituelle Grundlagen haben, die sich nicht mit den bekannten Ideen decken.
Genau diesen Weg geht dieses Buch und stellt das Jenseits als einen Ort vor, der sich aus den Erinnerungen und Wünschen der zentralen Figur gestaltet und genau die Form annimmt, die die Seele sich am Deutlichsten eingeprägt hat. Auch das eigene Aussehen ist davon betroffen. Aber kann das ewige Leben im Kreis des und der Vertrauten wirklich erfüllend sein?
Genau das fragt sich auch Franz, die Hauptfigur der Geschichte, durch deren Augen der Leser das Konstrukt sehen und miterleben darf. Der Mann hinterfragt Vieles und das ist dann auch die Triebfeder der Geschichte, die am Ende auf ein paar interessante Lösungen zusteuert. Allerdings wirkt gerade das letzte Kapitel fehl am Platz, zerschlägt es doch Einiges, was durch die Handlung aufgebaut wurde.
Es mag zwar für einige Leser eine zufriedenstellende Antwort geben, warum Manches im Jenseits nicht so wirklich klappte, aber letztendlich macht die Autorin auch viel von dem philosophischen Überbau zunichte. Dennoch ist die Handlung nicht allzu komplex, bietet auch Momente in denen Gefühle und ganz irdische Gedanken im Mittelpunkt stehen und auch den eine oder anderen Schmunzler erlaubt ist. Allerdings sollte man schon Lust auf ein solches Gedanken-Experiment haben und sich auf die Ideen einlassen können, sonst könnte die Geschichte schnell langweilig werden, weil sie eigentlich recht alltäglich bleibt.
„Das Brunnenhaus der Götter“ ist eine Geschichte mit guten Ansätzen und netten Ideen, das zum Nachdenken anregen will. Allerdings könnte das letzte Kapitel etwas zu frustrierend oder irritierend sein.