Michael McDowell: Blackwater 1 (Buch)

Michael McDowell
Blackwater 1
(Blackwater 1 The Flood + 2 The Levee, 1983)
Übersetzung: Andreas Decker
Titelbild: Touissaint Louverture & Pedro Oyarbide
Festa, 2023, Hardcover, 476 Seiten, 36,99 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Alabama, der tiefe Süden der USA, irgendwann zu Anfang des letzten Jahrhunderts. Das kleine Kaff Perdido nordöstlich von Mobile lebt vom Handel mit dem in seiner Gegend geschlagenen und zugesägten Holz. Doch davon ist zu Beginn der Handlung nicht mehr wirklich viel übrig geblieben. Die beiden Flüsse in der Gegend sind weit über ihre Ufer getreten, haben die gesamte Ortschaft - die drei Fabriken, Wohnhäuser und die Slums der Schwarzen - überflutet.

Im deswegen nur per Boot zu erreichenden Hotel findet der Fabrikantensohn im ersten Stock eine Frau. Sie behauptet hierher gekommen zu sein, um sich als Lehrerin zu bewerben. Schnell findet sich die junge, geheimnisvolle Frau in die Gemeinschaft ein. Einzig eine ältere Honoratiorin vertraut ihr nicht, sonst erobert sie alle Herzen im Sturm. Doch wie meist, wenn eine Sache zu gut aussieht, gibt es einen verborgenen Pferdefuß: Die Frau mit einem Faible für den Fluss hat ein Geheimnis, ein finsteres, ein tödliches Geheimnis…

 

Was ist das für ein Buch, das zwischen seinen Deckeln die ersten beiden Teile einer sechsteiligen Saga enthält und von Festa in der „Pulp Legends“-Reihe publiziert wird?

Nun, als erstes Adjektiv kommt mir da das Wort leise in den Sinn. Nun sind wie sowohl vom Verlag Festa als auch von der Reihe der Pulp Legends eigentlich einen eher plakativen, oft gewalttätig und blutig daherkommenden Horror gewohnt. Aber bereits etwa bei den Romanen von Laura Purcell hat Festa gezeigt, dass auch im Verlag, in dem Lesen zur Mutprobe wird, der leise Ton durchaus gepflegt wird.

Nun, den Leser erwartet im ersten von drei Bänden in denen uns der Verlag die gesamte Reihe mit einer wunderschön einfühlsam gestalteten, an den Jugendstil erinnernde Cover-Abbildung präsentiert, eine Familiensaga die von 1919 bis in die 1970er Jahre reicht.

Allerdings hat diese wenig mit „Dallas“ oder „Der Denver-Clan“ zu tun. Hier geht es um sich das nach und nach deutlicher abzeichnende Bild einer kleinen Gemeinde, die - erstaunlicherweise - hauptsächlich von den Frauen beherrscht wird. Diese treffen die maßgebenden Entscheidungen, die Männer kümmern sich dann um deren Umsetzung.

Es passiert zunächst, nein eigentlich über die Dauer des gesamten Buches hinweg nicht wirklich viel Dramatisches. Ja, ein farbiger Junge ertrinkt, die Flut zerstört Existenzen und vernichtet Vermögen - doch letztlich geht es zunächst darum, dass die mysteriöse Frau sich ihren Platz in der Gemeinschaft sucht. Hier erwartet uns ein faszinierendes Sittengemälde, aber auch zunächst sich langsam, dann deutlicher abzeichnend, ein kalter Krieg zwischen der Frau aus dem Hotel, Oskar, der sie gerettet und später geheiratet hat und Oskars Mutter. Beide Frauen sind sehr starke, dominante weibliche Persönlichkeiten, die nicht etwa direkt, sondern mittels Manipulation und Intrige ihren Streit ausfechten. Oskar, der immer in der Mitte steht, ist wirklich zu bedauern.

So bietet das Buch die ersten beiden Kapitel einer etwas anderen Familiensaga aus den Südstaaten, die Southern Gothic mit starken Frauenfiguren vereint, dabei die Zeit und deren Überzeugungen porträtiert und wunderbar unauffällig aber fesselnd unterhält.