Dean Koontz: The Other Emily - Die Doppelgängerin (Buch)

Dean Koontz
The Other Emily - Die Doppelgängerin
(The Other Emily, 2021)
Übersetzung: Olaf Bentkämper
Titelbild: Arndt Drechsler-Zakrewski
Festa, 2022, Hardcover, 462 Seiten, 22,99 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Zehn Jahre ist es nun her, dass sich das Leben des Bestseller-Autors David Thorne von heute auf morgen dramatisch veränderte. Fünf glückliche Jahre verbrachte der Autor mit seiner großen Liebe - bis diese eines Nachts von einem Besuch bei der Freundin nicht zurückkehrte. Das Auto fand man auf einem Parkplatz an der Küstenstraße Kaliforniens, das Portemonnaie unberührt im Wagen.

Ein Serienkiller wurde für diese Tat verantwortlich gemacht - ein Mörder, den der Autor jeden Monat monetär unterstützt und immer wieder im Knast besucht. Er will erfahren, ob seine Geliebte wirklich unter den nie gefundenen Opfern des Killers ist und das leere Grab mit einer Leiche füllen, um endlich mit dem Verlust abschließen zu können.

Eines Tages begegnet er einer Frau, die exakt aussieht wie seine verschollene Freundin. Bilderkennungssoftware bestätigt die Übereinstimmung, ihr Background ist getürkt - wer ist die Unbekannte, die äußerlich, wie vom Verhalten her eine solch frappierende Ähnlichkeit – nein: Übereinstimmung - mit der mutmaßlich Getöteten aufweist und die sich ihm als Attentäterin vorstellt?

Die Suche nach Antworten führt Throne auf die Spur weiterer Menschen, die obzwar unzweifelhaft tot sein sollten, höchst lebendig sind…


Seitdem Dean Koontz bei seinem früheren Hausverlag Heyne „aussortiert“ wurde, haben seine vielen Fans diesseits des Atlantiks ungeduldig gewartet, dass ein anderer Verlag die Chance ergreift und den Kult-Autor verpflichtet. Im Festa Verlag hat er nun eine neue verlegerische Heimat gefunden - und passt hier auch gut ins Portfolio.

Vorliegender Roman fußt zunächst ganz im Hier und Jetzt. Die Geschichte einer verschwundenen Frau, die vermutlich einem psychopathischen Serienkiller zum Opfer fiel, entfaltet sich langsam, fast behutsam - nimmt dann aber immer mehr Fahrt auf. Detailreich, inhaltlich sorgfältig konstruiert und nachvollziehbar erzählt, fesselt der Plot uns lange Zeit.

Gut 3/4 des Romans verfolgen wir gebannt mit, wie unser Erzähler geradezu verzweifelt versucht, aus dem Geschehen, der unerwarteten Begegnung mit der Liebe seines Lebens, die er getötet glaubte, schlau zu werden. Das Rätsel ist clever konstruiert, die Suche nach Antworten führt ihn und mit ihm den Leser zu Begegnungen der besonderen Art. Wir lernen andere Hinterbliebene kennen, begleiten Thorne bei der Suche nach Offenbarungen an Tatorte von Morden und ins Gefängnis. Die Spannungskurve ist hier straff und der Plot in sich packend.

Leider enttäuscht dann das Finale. Die Auflösung der Rätsel ist schlicht - hanebüchen. All das, was der Verfasser über gut 300 Seiten aufgebaut, sorgfältig konstruiert hat, wird durch den Schlag, mit dem er seinen Gordischen Knoten durchschlägt ad absurdum geführt.

So ist dies ein Roman, der zunächst bestens unterhält - mich an die Romane erinnert hat, die Koontz’ Ruf in der Community begründeten. Wunderbar stimmig - auch wenn es in der Gesellschaft, die Koontz uns vorstellt, keinerlei Farbige gibt - lernen wir Schicksale kennen, gehen auf die Suche nach Rätseln und Antworten, nur um dann mit einer Lösung abgespeist zu werden, die zu einfach und schlicht unglaubwürdig ist.