Katja Brandis: Im Herz des Weißen Waldes - Daresh 1 (Buch)

Katja Brandis
Im Herz des Weißen Waldes
Daresh 1
Titelbild: Max Meinzold
Fischer KJB, 2022, Hardcover, 396 Seiten, 17,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Fantasy aus deutschen Landen erfreut sich glücklicherweise seit Jahren zunehmender Beliebtheit. Teuere Übersetzungen auf der einen Seite, aber auch deutschsprachige Autoren, die wahrlich nicht schlechter als die angloamerikanischen Vorbilder sind, trugen dazu bei, den Trend, nur Fantasy-Romane aus den englischsprachigen Ländern bei uns zu veröffentlichen, umzukehren.

Zwischen 2002 und 2004 erschien die vorliegende Trilogie bereits einmal bei Ueberreuter und überzeugte Kritiker wie Leserinnen und Leser gleichermaßen. Nun legt die Jugendbuchabteilung von Fischer die Reihe neu auf.

 

Brandis präsentiert uns zunächst einmal nüchtern betrachtet eine der gängigen Fantasy-Geschichten: Unser junger, noch unerfahrener Held macht sich auf, eine große Queste zu vollbringen. Die böse Herrscherin und deren dunkle Ratgeber, wollen die Herrschaft über die Welt an sich reißen. Sie versuchen, die vier Gilden der Vollmenschen gegeneinander aufzuwiegeln und auszuspielen. Die Halbmenschen, Mischungen zwischen Tier und Mensch, wurden schon mit Hilfe eines magischen Kleinods, der sogenannten Quelle, versklavt. Unser Protagonist macht sich zunächst auf, Verbündete zu finden, und die Gilden von der Notwendigkeit eines gemeinsamen Vorgehens zu überzeugen.


Diese Aufgabe gibt der Autorin den Raum, die unterschiedlichen Länder und Völker, hier als Gilden ausgeführt, vorzustellen, und den notwendigen Reifungsprozess der Hauptperson zu forcieren. Das alles hört sich zunächst sehr vertraut an, ist es aber nicht, wenn man einmal ein wenig genauer hinschaut.

Zum einen ist unsere Hauptperson, Rena, ein junges, 16jähriges Mädchen. Nun sind auch weibliche Protagonisten glücklicherweise inzwischen nicht mehr so exotisch, wie das zu früheren Zeiten der Fall war. Ungewöhnlich, und damit naturgemäß interessant für den Leser ist aber die Aufteilung der Menschen in vier einander misstrauisch gegenüberstehenden Gilden. Jede der Gilden verfügt über sorgfältig gehütete, magische Sprüche, die ihr einen besonderen Zugang zu ihrem jeweiligen Element ermöglichen. Die Heldin entstammt dem Erdvolk, das eine besondere Affinität zu der Erde und all ihren Gewächsen auszeichnet. Sie verstehen die Sprache der Bäume, essen nie Fleisch und leben in Höhlen innerhalb der Erde. Die anderen Völker sind dem Feuer, dem Wasser und dem Wind verbunden. Mit der Versklavung der Mischwesen zieht dann das Problem der Diskriminierung in den Text ein und wird ebenso interessant wie deutlich angeprangert.

Anlässlich der Reise und des Besuchs all dieser Völker lernen wir deren Besonderheiten und Unterschiede kennen und schätzen. Faszinierend, wie zum Beispiel das Wasservolk in unterseeischen Städten wohnt, wie die Feuermenschen den ehrenvollen Kampf glorifizieren. Auch der geheimnisvolle Stein der Quelle, der Rena nicht nur die Sprache aller Wesen der Welt lehrt, sondern magische Kräfte verleiht ist ein Mysterium, das der Aufklärung noch harrt.

Insgesamt hat die Autorin es verstanden, den Appetit ihrer Leser auf Mehr zu wecken. In einer Handlung, die sich weitgehend im Bereich des Üblichen bewegt, setzt sie mit ihren Völkern neue, interessante Akzente und weiß die Leser mit ihrer durchweg spannenden Handlung an die Seiten zu fesseln.