Nur ein kleiner Gefallen (BD)

Nur ein kleiner Gefallen
USA 2018, Regie: Paul Feig, mit Anna Kendrick, Blake Lively, Henry Golding u.a.

Rezension von Elmar Huber

Die verwitwete Hausfrau Stephanie Smothers (Anna Kendrick) ist die Eltern-Streberin schlechthin, nebenbei Bloggerin, stets adrett aufgeräumt und immer an vorderster Front, wenn freiwillige und ehrenamtliche Ämter zu übernehmen sind. Eines Nachmittags lernt sie in der Schule ihrer Kinder die extravagante Emily (Blake Lively) kennen, ein zynischer Luxus-Vamp, der vorwiegend von Martinis lebt, irgendwo ist schließlich immer Abend. Wider Erwarten freunden sich die ungleichen Frauen an, und Stephanie bietet sich als Nanny für Emilys Sohn Nicky an. Schon bald darauf nimmt Emily Stephanie beim Wort und bittet sie, Nicky von der Schule mit nach Hause zu nehmen (der titelgebende „kleine Gefallen“), sie selbst wäre wegen eines beruflichen Notfalls nicht abkömmlich.

Doch Emily bleibt nicht nur diesen Tag abwesend. Über längere Zeit ist sie nicht erreichbar, und auch ihr Ehemann Sean ist ahnungslos, was den Aufenthaltsort seiner Frau angeht. So beschließt Stephanie, auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen. Dann wird in einem See eine weibliche Leiche gefunden, die Sean als seine Frau identifiziert. Er sucht Trost bei Stephanie, eines kommt zum anderen, und sie zieht mit ihrem Sohn bei Sean ein. Die Polizei hat derweil ihre Nachforschungen noch nicht aufgegeben, wurde kurz vor ihrem Tod doch eine hohe Lebensversicherung auf Emily angeschlossen. Außerdem behauptet Nicky, dass er seine Mutter gesehen hat.


Regisseur Paul Feig ist vor allem für wenig subtile (Frauen-) Komödien wie „Brautalarm“, „Taffe Mädels“ und das weiblich besetzte „Ghostbusters“-Remake bekannt. Auch „Nur ein kleiner Gefallen“ startet auf diese Art, lebt zunächst vom Klischee und vom Clash der beiden gegensätzlichen Frauen, um sich dann in einen raffinierten Thriller mit Hitchcock-Anleihen zu entwickeln.

Das Kunststück besteht darin, dass die komödiantischen Szenen die Thriller-Handlung nicht im Mindesten abschwächen. Beide Facetten ergeben ein ungewohntes, doch stimmungsvolles Ganzes, wie es bei „Desperate Housewives“ vorgemacht wurde.

Zunächst lacht man noch über Emilys rücksichtslose Art, die Dinge beim Namen zu nennen und mehr noch über Stephanie, die davon immer wieder konsterniert ist, dies aber mehr schlecht als recht zu überspielen versucht. Gleichzeitig geht hier schon etwas Geheimnisvolles und latent Beunruhigendes von Emily aus, sodass relativ früh eine unsichere Spannung aufgebaut wird. Anna Kendrick und Blake Lively absolvieren in diesem Zusammenspiel absolute Glanzleistungen.

Mit dem Twist um Emilys langfristiges Verschwinden findet sich der Zuschauer auf einmal in einem Thriller wieder. Zunächst ermittelt Stephanie zwar clever, wenn auch etwas unbeholfen, doch bald begibt sich der Film auf das Terrain eines abgründigen Psycho-Thrillers, und nicht zuletzt mit dem Wieder-Auftauchen der (vermeintlich) Toten steigt das Spannungspotential immer weiter. Paul Feig schafft es an diesem Knackpunkt souverän, die vorgesehene Schiene beizubehalten, sodass der Film nicht in sich zusammenbricht. Ein schmaler Grat, der hier bravourös bedient wird.

Doch nicht nur das sorgfältige Timing und die erzählerische Finesse wecken Erinnerungen an Hitchcock, auch die Optik und die Ausstattung sind äußerst elegant geraten und überlassen nichts dem Zufall.

„Nur ein kleiner Gefallen“ ist ein raffinierter und ungewöhnlicher Komödien-Thriller-Mix mit unvorhersehbaren Story-Wendungen.