Deocrum (Comic)

Decorum
(Decorum, 2021)
Text: Jonathan Hickman
Zeichnungen: Mike Huddleston
Übersetzung: Christian Heiß
Cross Cult, 2022, Hardcover, 408 Seiten, 48,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Abseits der großen Comic-Verlage erscheinen immer wieder Titel, die sich nicht an den Mainstream halten und bewusst an ein erwachsenes Publikum wenden, die neue und innovative Geschichten schätzen. Image Comics ist seit den 80er Jahren in dieser Richtung ein Vorreiter gewesen und ermöglicht es Künstlern, ihre ganz eigenen Geschichten zu erzählen - wie es Jonathan Hickman und Mike Huddleston in „Decorum“ nun auch wagen.

 

In ferner Zukunft ist die Galaxis von den Menschen besiedelt und durch ein Imperium verbunden, das allerdings nicht mehr als nach dem Namen existiert. Denn es gibt genügend Parteien und Planeten, die ihr eigenes Ding machen. Und Abenteurer, die in ihrer Suche nach Glück und Reichtum immer wieder dunkle, alte Geheimnisse aufrühren.

Um das Verbrechen im Zaum zu halten, ziehen auch genügend Assassinen durch die Galaxis. Die Schwesternschaft der Menschen ist eine der Gruppierungen und Madame Smith Morley die manierlichste aller Meuchelmörderinnen. Doch dann nimmt sie sich einer jungen Frau an. Aber ist Neha Nori Sood wirklich die Novizin, nach der sie schon so lange gesucht hat?


Es ist eine eher dünne Rahmenhandlung, die die Geschichte zusammenhält. Man merkt, dass den Künstlern mehr daran liegt, dem Leser das Universum nahe zu bringen, das sie erschaffen haben.

Die bunte Mischung bedient sich durchaus bekannter Klischees und Bilder, mischt diese aber auch sehr bunt und lebendig zusammen. Und wie in der Moderne üblich, wird keine Hochglanzwelt mehr präsentiert, in der alles perfekt und gediegen zu sein scheint. Denn immer wieder erlauben die Assassinen einen Blick hinter die Kulissen, angefangen mit den Männer, die ihr hohes Amt missbrauchen und entsprechende Verbrechen begehen. Sie kennen die Lügen, die so manches Staatengebilde und letztendlich auch die Schwesternschaft zusammenhalten.

Dabei bricht auch der Zeichenstil aus dem Rahmen aus. Teilweise wirken die Panels unfertig, wie Konzeptzeichnungen in einem Storyboard, dann wieder sind es fertige Ölgemälde, Andere Seiten bestehen aus Tusche-Zeichnungen mit ein paar Farbeinschüben.

Man merkt aber auch recht schnell, dass das gewollt ist, um den Blick des Lesers auf bestimmte Teile des Bildes zu lenken und von dort aus die Szene weiter zu erzählen.

Von der Erzählweise und den Panels her, orientieren sich die Künstler bewusst an europäischen Vorbildern, erlauben sich aber auch, immer wieder Hintergrundinformationen einzubauen, die das Szenario vertiefen sollen.

Alles in allem ist die Geschichte zwar leicht zu erfassen, bietet aber dennoch ein bisschen mehr als eine simple Assassinen-Story. Das merkt man auch an dem zynischen bis makabren Tonfall, der immer wieder in den Dialogen durchschimmert. Man muss nur offen genug sein, um zwischen den Zeilen und im Artwork zu lesen.

„Decorum“ ist ein künstlerisch wie inhaltlich sehr eigenwilliger Science-Fiction-Comic, der dem Leser auf etwas mehr als vierhundert Seiten ein ganz eigenes Universum vorstellen will. Wer sich darauf einlassen kann wird an der tiefgründigen Geschichte um eine manierliche Meuchelmörderin und ihre Schülerin durchaus seinen Spaß haben können.