Carlton Mellick III: Insel der Meerjungfrauen (Buch)

Carlton Mellick III
Insel der Meerjungfrauen
(Village of the Meremaids, 2013)
Übersetzung: Manfred Sanders
Titelbild: Arndt Drechsler-Zakrewski
Festa, 2022, 202 Seiten, 19,99 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Meerjungfrauen gibt es nicht, meinen Sie? Nun, Sie täuschen sich - und zwar gewaltig. Schließlich kümmert sich die ESS, die Endangered Species Security, biogenetisch gezüchtete Montrositäten mit der Ermächtigung zu buchstäblich Allem, um deren Arterhaltung. Auf Siren Cove, einer einsamen Insel drei Stunden Fahrt vom Festland entfernt, sind sie heimisch. Hier hat die Industrie - im Geheimen und mit Billigung der Regierung versteht sich -, ein Zuchtprogramm aufgelegt.

Um die Fischwesen ohne wirkliche Intelligenz vor dem Aussterben zu bewahren, wurden verurteilte Schwerverbrecher ihrer Intelligenz beraubt und als Nahrung den Meerjungfrauen angeboten. Federführend bei der wissenschaftlichen Entwicklung der Nahrung war und ist Dr. Black, der aufgrund einer unheilbaren Krankheit nur mehr eine Woche zu leben hat. Er wird zur Insel gerufen, fressen die Meerjungfrauen doch ihr Futter nicht länger…


Carlton Mellick III ist dafür bekannt, dass er außerhalb der Box schreibt. Seine oftmals kurzen Prosastücke sind ganz eigene Novellen und Kurzromane, die in der Realität zu fußen scheinen, dann aber unmerklich zunächst ins Phantastische, ja ins Grauenhafte kippen.

Ähnlich ist es auch in vorliegendem Roman. Vorangestellt hat der Verfasser dem Text ein Kapitel, das er aus der Handlung ausgliedern musste, uns aber auf ganz besonders drastische Art und Weise die Skrupellosigkeit und mangelnde Empathie Dr Blacks vor Augen führt.

In der eigentlichen Handlung besuchen wir dann zusammen mit dem Wissenschaftler und einer jugendlichen Begleiterin die Insel. Nach und nach wird deutlich, dass Etwas die Fischwesen verändert hat, dass sie weit gefährlicher geworden sind. Hinweise verdichten sich, direkte Konfrontationen mit den Meerjungfrauen alter wie neuer Ausprägung und den Inselbewohnern zeichnen ein immer dichteres atmosphärisches Bild.

Unheilvoll, surreal und absurd - das sind die Adjektive, die mir hier (wie bei allen Texten des Autors) in den Sinn kommen. Dass und Wie der Verfasser seine Handlung nach gefühlt viel zu wenigen Seiten zu einem folgerichtigen Finale führt, lesen Sie selbst - es lohnt sich!