Tracy Wolff: Crush - Vertraue mir, wenn du mich liebst (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 28. März 2022 10:38

Tracy Wolff
Crush - Vertraue mir, wenn du mich liebst
(Crush, 2020)
Übersetzung: Michelle Gyo
dtv, 2022, Hardcover, 780 Seiten, 20,00 EUR (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Carsten Kuhr
Früher war Grace ein typisches California-Girl. In San Diego aufgewachsen, kannte sie keine wirklichen Sorgen oder Nöte - bis ihre Eltern bei einem Autounfall starben und sie sich plötzlich und unerwartet in der Katmere Academy in Alaska, einem ganz besonderen Internat, wiederfand. Geschickterweise leitet ihr Onkel die Lehranstalt, ihre Cousine nimmt sie unter ihre Fittiche. Dazu muss man wissen, dass nicht Kreti und Pleti auf Katmere gehen können - die Schule ist auf ganz besondere Schülerinnen und Schüler ausgelegt.
Schon am ersten Tag muss Grace dies am eigenen Leib und schmerzhaft erfahren - als sie bei -20 Grad im Freien zurückgelassen wird. Dass sich gleich zwei der angesehensten jungen Eleven um sie bemühen, verschafft ihr Reputation und einen gewissen Ruf. Denn merke, wenn Cole, der Anführer des Werwolfclans, und Jaxon, Führer der Vampirsippe, um sie buhlen, dann muss doch etwas an dem Mädchen sein.
Lange Rede, kurzer Sinn: Sie wird verraten, bedrängt, fast mit einem Schwert getötet - und für Monate versteinert. Ja, Sie haben richtig gelesen, so wie in Statue: starr und kalt, nichts rührt sich, keine Kommunikation, keine Reaktion.
Als sie plötzlich - unerwartet aber höchst willkommen - aus ihrem Zustand wieder ins Leben springt, wissen Schüler wie Lehrer, dass sie mitnichten einen normalen Menschen unter sich beherbergen. Grace ist eine Gargoyle! Mehr noch, der Typ der versucht hat sie zu ermorden macht ihr das Leben in der nächsten Zeit weiterhin so was von richtig schwer und nervt sie unglaublich - sollte man nicht glauben, schließlich handelt sich bei Hudson um… Na, lesen Sie mal selbst.
Endlich einmal kein billiger Hogwarts-Abklatsch, da kann ich jeden, der das vermutet schon einmal beruhigen - schrieb ich nach der Lektüre von „Crave“, des ersten Teils. Und wirklich, mit dem weichgespülten Zauberer-Internat mit seinen vier Häusern hat Katmere wenig gemein. Alles hier, Witterung, der Bau und natürlich die Insassen sind ein wenig rauer, direkter, brutaler. Und es knistert in fast jedem der unzähligen kurzen Kapitel. Große Gefühle, Verzweiflung, Neid, Aggression und jede Menge Liebesgefühle schweben durch die Luft. Und dann, als wäre dies noch nicht genug, hält die Verfasserin für ihre Protagonistin auch noch einen naseweisen, nervigen und gefährlichen Gegner bereit.
Ihre Dialoge sind spritzig, voller Tempo und Emotionen, Langeweile ist zum Glück erneut größtenteils ein Fremdwort. In immer neuen Wendungen rast die Handlung von einer gefahrvollen Situation zur nächsten, ergeben sich immer neue Sichtweisen und werden Geheimnisse ruchbar. Das soll nicht heißen, dass der Roman perfekt wäre. Gerade im Mittelteil weist er doch Längen auf, hätte eine Straffung dem Text gut getan.
Dennoch, Tracy Wolff unterhält erneut spannend, abwechslungsreich und voller großer Gefühle (der Romantik-Faktor ist nahe den 100%), zeichnet dabei interessante Figuren und lässt, und das ist das Beste daran, wieder jede Menge Humor in ihr Werk einfließen.