Michael Scott: Die mächtige Zauberin – Die Geheimnisse des Nicholas Flamel 3 (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 16. November 2010 21:04

Michael Scott
Die mächtige Zauberin
Die Geheimnisse des Nicholas Flamel 3
(The Sorceress)
Aus dem irischen Englisch übersetzt von Ursula Höfker
Titelillustration von Michael Wagner
cbj, 2010, Hardcover, 522 Seiten, 18,95 EUR, ISBN 978-3-570-13784-0
Von Christel Scheja
„Die mächtige Zauberin“ ist der dritte Band um „Die Geheimnisse des Nicholas Flamel” und schließt direkt an seine Vorgänger „Der unsterbliche Alchemyst“ und „Der dunkle Magier“ an. Die auf insgesamt sechs Bände angelegte Urban-Urban Fantasy-Saga ist das bisher ambitionierteste Projekt des irischen Autors Michael Scott.
Nicholas Flamel ist mit seinen Schützlingen Josh und Sophie Newman weiterhin auf der Flucht, denn die Teenager sind nicht mehr und nicht weniger als die Auserwählten, die vielleicht eines nicht all zu fernen Tages die Weltordnung auf den Kopf stellen werden. Nur dazu müssen sie erst einmal das volle Ausmaß ihrer Kräfte entdecken und beherrschen, um sich ihren Feinden entgegen zu stellen, die in der Menschheitsgeschichte nicht unbekannt sind. Auch einige ihrer Lehrer sind Götter längst vergangener Kulturen oder unvergessene mythische Gestalten wie etwa Scathach die Kriegerin, die uralte Hexe von Endor und nicht zuletzt die Göttin Hekate. Sie haben den Zwillingen grundlegende Dinge beigebracht und ihnen dabei geholfen, ihre Rolle zu akzeptieren. Allerdings schläft auch der Feind nicht. Nicholas selbst ist stark geschwächt, weil ihm der ‚Codex‘ gestohlen wurde, der seine Unsterblichkeit garantierte, und hat nur noch wenig Zeit, um seine Aufgabe zu erfüllen. Seine Frau Pernelle wurde entführt und wird immer noch als Faustpfand auf der Insel Alcatraz festgehalten. Er ahnt allerdings nicht, dass diese bereit ihren eigenen Kampf begonnen hat und nicht mehr nur eine hilflose Gefangene ist. Sie kommen nach Paris. Dort hofft Flamel, den Grafen von St. Germain zu finden, der Sophie weiter ausbilden soll. Josh lernt derweil John Dee kennen und schätzen. Aber genau das ist ein fataler Fehler, enthüllt dieser doch schließlich sein wahres Gesicht und erweist sich als der Drahtzieher hinter den Kulissen – genau so wie der umtriebige Machiavelli, der ebenfalls ihre Wege kreuzte. Schließlich müssen die drei Gejagten Paris verlassen, weil sie ihres Lebens nicht mehr froh werden können, und suchen London auf. Dort soll Sophie bei dem legendären König Gilgamesh die Beherrschung des Wassers erlernen. Allerdings ist auch der nicht so leicht zu finden, und sie müssen ausgerechnet auf die Hilfe eines von Dees Schülern vertrauen: William Shakespeare.
„Die mächtige Zauberin“ spinnt die Geschichte der Saga konsequent weiter. Man muss den Autor loben, dass er auch dieses Mal die Fäden der Geschichte sehr sicher in der Hand hält und Hinweise wie ein Puzzle zusammenfügt. Die Figuren haben sich ebenfalls weiter entwickelt. Die Zwillinge sind keine naiven amerikanischen Teenager mehr, die alles für ein großes Abenteuer halten, sondern nehmen nun einen wichtigen Part der Handlung ein und tragen die Verantwortung, die der Autor ihnen zugesteht. Das hat sie reifen lassen, auch wenn sie natürlich immer noch Fehler machen, die schwere Folgen haben. Zwar steht weiterhin das Abenteuer im Vordergrund, aber Scott lässt es sich nicht nehmen, den Hintergrund auszubauen. Er führt weitere Figuren aus Mythologie und Geschichte ein und bedient sich auch noch klassischer Motive aus der Literatur. Nun erfährt man auch erstmals etwas über die ‚älteren Mächte‘, die die Menschen, die sogenannten ‚Humani‘, als lästige Insekten betrachten, die die Erde verunreinigen, und die eigentlichen Herren von Machiavelli und Dee sind.
Genau diese gelungene Vermischung von Mythologie, Geschichte und Gegenwart führt im Verlauf der Handlung zu einer sehr intensiven Atmosphäre, in der nichts anachronistisch oder antiquiert wirkt, weil sie beides genau in dem richtigen Maß einsetzt. Wie sonst kaum in einem anderen Urban-Fantasy–Roman existieren Magie und Technik sogar gleichberechtigt nebeneinander und gehen manchmal auch eine interessante Symbiose miteinander ein.
„Die mächtige Zauberin“ aus der Reihe um „Die Geheimnisse des Nicholas Flamel“ ist eines der Jugendbücher, die man auch als erwachsener Leser nur ungern aus der Hand legen mag. Dafür sorgt aber nicht nur der komplexe Hintergrund, der dem Roman Tiefe verleiht, sondern ebenfalls die gut dosierte Action, die immer wieder für überraschende Wendungen sorgt und damit die hohe Spannung hält.