Barbara Büchner: Tod in der Villa Vebena (Buch)

Barbara Büchner
Tod in der Villa Verbena
dp Verlag, 2019, eBook, 6,99 EUR (auch als Taschenbuch erhältlich)

Rezension von Elmar Huber

„Sie schritt inmitten der nach Gewürzsträußchen duftenden Stille über den Vorhof auf das schweigende Haus zu und spürte plötzlich deutlich, dass sie beobachtet wurde. Jemand stand hinter den geschlossenen venezianischen Läden im ersten Stock und spähte durch die Ritzen zwischen den Lamellen zu ihr herunter, aufmerksam und feindselig.“

Mehr als überraschend erfährt die Münchner Sportstudentin Juliane Emser, dass sie von ihrem Onkel väterlicherseits eine Villa samt Weingut in der Toskana geerbt hat. Weder ist ihre Mutter gut mit ihrem Schwager Guido ausgekommen - nach dem Tod von Julias Vater hat sie sogar jeglichen Kontakt abgebrochen -, noch kann sich Juliana erinnern, dass sie jemals in der Villa Verbena zu Gast war.

Ihr Cousin Adam, der sie in Empfang nimmt, spricht jedoch gleich von gemeinsamen Kindheitserlebnissen. Ein Sommer in der Toskana, in dem sie jedoch krank gewesen war. Ereignisse, an die sich Juliana partout nicht erinnern kann. Darüberhinaus sieht sich die neue Besitzerin mit den Anfeindungen der Dorfbevölkerung konfrontiert, war Guido Wewelmann doch alles andere als beliebt bei den Einheimischen. Auch ihre Cousinen und ihr Cousin sehen in Juliana einen Störfaktor, der sie um ihr ‚rechtmäßiges‘ Erbe bringt.

„Hier in der Villa Verbena sah sie das Leben in einem Zerrspiegel. Nichts war, was es sein sollte oder wofür es sich ausgab. Oder bedeutete ihre Unruhe vielleicht nur, dass ihr Denken zu beschränkt war, um der Realität gerecht zu werden? […] All die neuen Eindrücke hatten sie durcheinandergebracht, jetzt spielten die Messinstrumente in ihrem Inneren verrückt wie ein Kompass im Bermudadreieck. Sie musste ausgiebig schlafen und ab morgen so weit wie möglich ihre Tagesroutine wiederaufnehmen, dann kam alles in Ordnung.“


Die Wiener Autorin Barbara Bücher ist vorwiegend für ihre phantastischen und mysteriösen Romane und Geschichten bekannt, wo sie es stets versteht, eine dichte Schauer-Atmosphäre aufzubauen. Verlegt in die sonnenverwöhnte Toskana und gepaart mit Krimi-Elementen und Familiengeheimnissen, lassen diese Stärken doch einen unterhaltsamen Roman erhoffen. Eine Rechnung, die im Fall „Tod in der Villa Verbena“ nicht in allen Punkten aufgeht.

Dabei gelingt es der Autorin durchaus relativ schnell, ein Mysterium aufzubauen, angefangen von Julianas Aufenthalt in der Villa, an den sie sich heute nicht mehr erinnern kann. In Gesprächen mit verschiedenen Personen kommen immer mehr Details über diesen fremden Zweig ihrer Familie ans Licht, die sich nach und nach zu einem angsteinflößenden Bild formen. So soll Guido Wewelmann, der sich in den Tagen vor seinem Tod immer seltsamer benommen hat, von einem rachsüchtigen Hund zerfleischt worden sein. Ein mysteriöses, steinernes Fabelwesen herrscht über die Villa, von einem roten Turm ist die Rede und von einer geheimnisvollen Contessa, mit der der Verstorbene im Wettstreit um den besten Wein der Gegend lag. Außerdem soll Wewelmann noch in ganz andere, illegale und brutale Machenschaften verwickelt gewesen sein.

Die Zutaten, die Barbara Bücher hier aufbietet sind also durchaus geeignet, einen packenden Thriller mit düsterem Einschlag zu erzählen, wären da nicht zahlreiche Nebensächlichkeiten, wie zum Beispiel die aufgesetzte Liebesgeschichte, die die Spannung immer wieder abflauen lassen.

Maßgeblich liegt es jedoch an der Hauptfigur Juliana Emser, dass man sich auf den Roman nicht richtig einlassen kann. Mit ihrem übertriebenen Körperbewusstsein und ihrer an Askese grenzenden Selbstdisziplin bietet sie kaum Identifikationspotenzial für den durchschnittlichen Entspannungsleser. Zumal dieser Wesenszug für die Story überhaupt nicht von Belang ist.

Bei einigen weiteren Charakteren, Julianas Cousine im Rollstuhl oder der maskulinen Kommissarin, erwartet man, dass da noch mehr kommt, was nicht der Fall ist.

„Tod in der Villa Verbena“ bietet eine gut durchdachte Story mit unglücklichen Spannungsschwankungen.