Silvana de Mari: Der letzte Zauber – Elfen-Saga 3 (Buch)

Silvana de Mari
Der letzte Zauber
Elfen-Saga 3
(Gli ultimi incantesimi, 2008)
Aus dem Italienischen von Barbara Kleiner
Titelbild von F. B. Regös
cbj, 2010, Hardcover, 544 Seiten, 18,95 EUR, ISBN 978-3-570-13850-2

Von Christel Scheja

„Der letzte Zauber“ ist der dritte Band der Geschichte um den letzten Elfen und seine Familie, auch wenn der Held selbst nicht mehr existent ist. In „Der letzte Ork“ opferte Yorsch sein Leben im Kampf gegen den fanatischen Verwaltungsrichter, der ihm und anderen schon früher zugesetzt hat. Seine Frau Robi und die Kinder bleiben alleine zurück. Einzig dem halborkischen Krieger Rankstrail ist es zu verdanken, dass die letzte Schlacht nicht im Desaster endet – und nicht zuletzt erkennt auch Robi das Vermächtnis ihrer eigenen Familie an und entfesselt die Macht. die bisher in ihr geschlummert hat.

Einige Jahre später regiert Robi als ‚Königin Rosalba‘ ihre Heimatstadt Daligar. Sie ist allerdings nicht besonders glücklich, da sie einerseits Yorsch vermisst, andererseits ihre Aufgaben als Herrscherin hasst, da sie ihr zu viel Zeit nehmen, die sie gern für die Kinder hätte. Vor allem Joss, der Jüngste, braucht ihre Fürsorge, da er aufgrund der dramatischen Umstände seiner Geburt leicht behindert ist. Er scheint in seiner eigenen Welt zu leben und nimmt kaum jemanden wahr. Doch niemand ahnt, dass gerade diesem zarten und zerbrechlichen Jungen eine wichtige Aufgabe zukommen wird.

Eines Tages überrascht er alle damit, dass er klar und zielgerichtet von seinen Träumen erzählt, die ziemlich wahr klingen und sich auf Inskay, den König der Zwerge, beziehen. Dieser soll auf Befehl des Verwaltungsrichters hingerichtet werden, entkommt dem Tod aber um Haaresbreite, weil die Tochter des Oberhenkers ihn rettet und für sein Entkommen sorgt. Dennoch ist die Flucht schwer, da er sich durch eine winterliche Landschaft voller feindlicher Orks kämpfen muss.

Weil Joss spürt, dass er gebraucht wird, überredet er seinen jungen Beschützer, für ihn auf die Reise zu gehen und Inskay zu helfen. Damit setzt er eine Kette von Ereignissen in Gang, die schon bald auch seine Mutter und Rankstrail dazu zwingen, in das Geschehen einzugreifen. Und auch der kleine Junge kann nicht länger hinter den sicheren Palastmauern bleiben, da ihn das Schicksal ruft.

Silvana de Mari hält ihren märchenhaften Stil zwar aufrecht, ist sich aber auch nicht zu schade, Grausamkeiten zu beschreiben und sich mit einer Hinrichtung zu beschäftigen. Längst verzichtet sie darauf, die Welt naiv und liebenswert zu schildern, wartet stattdessen mit nüchternem Realismus auf, denn sie nennt viele Dinge beim Namen. Allerdings schafft sie es, jüngeren Lesern keine Angst zu machen, da sie ihre Helden einerseits niemals die Hoffnung verlieren lässt und andererseits die Grenzen für die Detailtreue der Beschreibungen genau kennt.

Zwar passiert eine Menge, aber die Geschichte setzt nicht nur auf äußerliche Action und Abenteuer. Die Autorin schildert immer wieder auch die Gefühlswelt der Figuren und bringt diese dem Leser sehr nahe. Alles wirkt dabei glaubwürdig und passend, egal ob es sich um einen sarkastischen Zwerg, einen brutalen Ork oder gar einen kleinen verträumten Jungen wie Joss handelt. Dabei vergisst sie nicht, die Bösewichte auszuarbeiten, denn der Verwaltungsrichter erhält etwas mehr Profil und wird durch seinen Wahnsinn zu einer auch für ältere Leser beängstigenden Figur. Alles in allem lebt auch dieser Roman wie schon seine Vorgänger besonders von der atmosphärischen Beschreibung der Figuren inmitten ihrer vertrauten Umgebung und in Krisenzeiten, die sich realistisch weiter entwickelt und von Anfang bis Ende konsequent bleibt.

Damit wird „Der letzte Zauber“ zur gelungenen Weiterführung der Reihe um den „letzten Elfen“, da die Geschichte immer wieder mit unerwarteten Wendungen überrascht und zudem auch noch eine sehr stimmungsvolle Mischung aus märchenhafter Atmosphäre und lebendigem Realismus bietet, die man nur selten in dieser Form findet.