Dietrich von Bern 1: Ruhm (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 06. November 2010 15:49

Peter Wiechmann
Ruhm
Dietrich von Bern 1
Titelillustration und Zeichnungen von José Rafael Méndez Méndez
Cross Cult, 2010, Hardcover, 192 Seiten, 22,00 EUR, ISBN 978-3-941248-97-7
Von Christel Scheja
Der deutsche Szenarist Peter Wiechmann erschuf im Auftrag von Rolf Kauka viele Abenteuerserien, die dann in den entsprechenden Publikationen erschienen, um dem in den 1970er Jahren allmächtigen „Zack“-Magazin und den Francobelgiern auch Werke aus dem eigenen Land entgegenzusetzen. Besonders fruchtbar war die Zusammenarbeit mit dem spanischen Zeichner José Rafael Méndez Méndez. Eine der Reihen, die sie neben „Hombre“ miteinander schufen, ist die heute nur noch wenig bekannte Serie „Dietrich von Bern“.
Der junge Dietrich, Sohn des Königs Dietmar, wird in einer stürmischen Winternacht geboren, was viele als Zeichen für seinen Charakter und sein zukünftiges Schicksal deuten: Aus ihm kann nur ein kühner Krieger und ein großer Held werden, den Barden später in heroischen Sagen besingen. Tatsächlich wächst Dietrich fernab des Hofes zu einem ungestümen jungen Mann heran. Als er das richtige Alter erreicht hat, übernimmt der erfahren alte Kämpe Hildebrand seine weitere Erziehung und Ausbildung, denn der junge Mann soll die Tugenden und Pflichten des Ritterstandes und des Adels kennenlernen. Doch es ist gar nicht so leicht, die Wildheit des jungen Mannes zu bremsen. Hildebrand aber findet schon bald heraus, wie er Dietrich anfassen muss. Als der Jüngling sich sein Schwert aus der Hand von Riesen erkämpft, ist schließlich ein Mythos geboren. Bereits mit seinem Ritterschlag verbreiten sich die Geschichten um seine Heldentaten durch die Länder der Christenheit und schon bald tauchen junge Ritter von nah und fern auf, die sich einen Platz an der Seite des jungen Helden erstreiten wollen. Denn sie ahnen, dass sie als seine Gefährten eines Tages auch unsterblichen Ruhm erlangen könnten.
Dietrich von Bern ist den meisten sicherlich durch das Nibelungenlied bekannt, auch wenn sich eine eigene große Sage um ihn rankt, die vor allem im Alpenraum bekannt und beliebt ist und zu den wenigen großen deutschen Heldenliedern gehört. Wiechmann greift hier die Atmosphäre dieser mittelalterlichen Epen auf. Er zeichnet sicherlich kein akkurates Bild der frühmittelalterlichen Gesellschaft, sondern fängt das romantische Empfinden ein, das Lieder und Balladen bis ins 19. Jahrhundert von der Epoche gezeichnet haben. Es geht hier um ritterliche Tugenden wie Mut und Ehre, Treue und Wahrhaftigkeit. Die Helden der Geschichte sind meisterliche Kämpen, die aber auch Schwächen zeigen. So ist Dietrich anfangs sehr unerfahren und vorlaut, bis er in die Schranken verwiesen wird. Einige seiner späteren Gefährten tragen Gefühle wie Eifersucht, Neid und Habgier in sich.
Man merkt sehr deutlich, dass sich Wiechmann und Méndez ein wenig an die frühen Seiten von „Prinz Eisenherz“ angelehnt haben – die detailreichen und inhaltlich sehr schön recherchierten Zeichnungen und die eingestreuten Informationen in der Geschichte selbst sprechen für sich.
In der Neuausgabe von Cross Cult kommt die feine Linienführung gut zur Geltung. Auch das A5-Format kommt den Zeichnungen sehr entgegen, da die dadurch sehr fein wirken. Die Ausgabe wartet zudem mit interessanten kleinen Essays auf, die sich wunderbar mit dem Comic ergänzen und noch mehr Atmosphäre schaffen.
Sicherlich ist der archaisch-heroische Unterton von „Dietrich von Bern“ heute nicht mehr für jeden Leser interessant, wer aber Spaß an dem Stil und Inhalt alter deutscher Sagen hat, der sollte ruhig einmal einen Blick riskieren. Denn der erste Band bietet einiges an spannender Ritterromantik, ohne dabei in all zu viel Historienkitsch zu verfallen.