S. A. Chakraborty: Die Stadt aus Messing (Buch)

S. A. Chakraborty
Die Stadt aus Messing
Daevabad 1
(The City of Brass, 2017)
Übersetzung: Kerstin Fricke
Panini, 2021, Paperback, 616 Seiten, 17,50 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Nahri wächst Mitte des 18.Jahrhunderts in Kairo auf. Dass sie keine Ägypterin ist, dass sie weder Vater noch Mutter hat, die sie beschützen, hat sie schnell erwachsen werden lassen. Inzwischen hat sie sich einen Namen gemacht - sie ist in Bazar als Heilerin eingeführt, kennt sich mit helfenden Kräutern und Pflanzen aus, kann davon aber beileibe nicht leben. Da kommt ihre zweite Profession ins Spiel: Sie erleichtert diejenigen, die es sich leisten können, um ein wenig von ihrem Hab und Gut. Und sie ist auch als Diebin durchaus versiert.

Bei beiden Professionen kommt ihr zupass, dass sie sich mühelos jede Sprache, die sie auch nur einmal hört, sofort aneignen kann.

Eines Nachts, sie ist gerade mit der Austreibung eines Dämons aus einem Kind beschäftigt, fällt sie plötzlich in die Sprache ihrer ihr unbekannten Kindheit, die sie anscheinend als Einzige auf der Welt beherrscht - mit gar drastischen Folgen.

Dara, ein veritabler Djinn und Kind des Feuers materialisiert sich, kurz danach erheben sich die Ghule Kairos aus ihren Gräbern und machen Jagd auf die Beiden.

Die anschließende Flucht führt den 1400 Jahre alten Djinn und die Waise, letzte ihres Geschlechts, nach Daevabad, einer tief in der Wüste verborgenen Stadt, hinter deren magiegeschützten Messingmauern die Djinn und ihre Bastarde leben.

Einst, lange ist es her, war Dara hier als die Geißel bekannt - ein erbarmungsloser Schlächter, der mehr als grausam Rache für den Tod seines Stammes nahm. Dann starb er, wurde wiederbelebt und musste seinem Meister dienen. Nun ist er zurück und stört damit das empfindliche Machtgleichgewicht in der Stadt - ein neuer, schon lange schwelender Bürgerkrieg könnte der Stadt und allen darin Lebenden drohen - etwas, das unter allen Umständen verhindert werden muss.

Doch wer nur steckt hinter den Vorkommnissen, dem Verrat, der Beschwörung Daras und wie kann Nahri, wenn überhaupt, in dieser ihr so fremden, feindlichen Welt überleben - weiß sie doch ihre enormen Kräfte nicht zu nutzen…


Schon vor einigen Jahren im angloamerikanischen Sprachraum veröffentlicht, fand sich lange kein Verlag, der die gefeierte Trilogie ins Deutsche übertragen wollte. Ich hatte mich immer gefragt, woran dies bei der den Texten innenwohnenden Qualität, liegen könnte. Nun, orientalisch angehauchte Fantasy, das ist diesseits wie jenseits des Atlantiks nicht unbedingt eine Erfolgsgeschichte.

Bei uns fallen mir ad hoc nur zwei Verfasser ein: Kai Meyer und die bei Lübbe erschienene "Sturmkönig“-Trilogie und Akram El-Bahays ebenfalls bei Lübbe publizierte Trilogien „Die Flammenwüste“ sowie „Die Bibliothek der flüsternden Schatten“.

Nun, Panini hat sich, um dies vorwegzunehmen, für sein Auftaktprogramm wirklich ein wahres Kleinod an Roman - Auftakt einer Dreier-Serie - an Land gezogen.

S. A. Chakraborty erzählt uns eine Geschichte, die getränkt ist von der Stimmung aus 1001 Nacht, die auf uralten Mythen und Überlieferungen aufbaut und geschickt mit der Erwartungshaltung der Leser spielt.

Aus zwei Sichtweisen, die in alternierenden Kapiteln aus der Perspektive Nahris sowie des jüngeren Königssohnes Alis erzählt werden, bringt uns die Verfasserin ihren Stoff näher.

Dabei erwartet uns ein auf den ersten Blick kompliziertes Geflecht aus Intrigen, Geheimnissen und Entwicklungen. Die für westliche Augen und Ohren ungewohnten Namen erschweren die Lektüre zu Beginn ein klein bisschen, bis die Leser sich in den Plot und dessen Figurenkabinett eingelesen haben.

Es gibt keine ganz großen Schlachten zu schlagen, der Fokus bleibt auf die wenigen, handlungsrelevanten Figuren und deren Geheimnissen konzentriert. Dabei agieren die Figuren alle in sich folgerichtig und überzeugend, die Motivation einer jeden Figur wird glaubwürdig herausgearbeitet.

Dies vorausgeschickt liegt die ganz große Stärke des Romans nicht nur in den Handelnden, sondern natürlich auch in der phantastischen Kulisse.

Eine Welt voller Djinn, vor 27 Jahrhunderten von Suleiman in Körper gezwungen, in einer im wahrsten Sinne des Wortes zauberhaften Stadt mit einer Messingmauer - das weckt vor dem inneren Auge des Lesers die farbenprächtige Welt des Orients.

Die Übersetzerin hat eine tolle Arbeit abgeliefert, der Verlag das Buch wunderbar optisch verpackt, die Verfasserin hat sich ein fesselndes, packendes Garn ausgedacht.

Ergo für alle, die sich einmal in den prächtigen Welten des Orients verzaubernd lassen wollen, bestes Lesefutter!