Patrick J. Grieser: Das Psychomanteum (Buch)

Patrick J. Grieser
Das Psychomanteum
Titelbild: Mark Freier
Basilisk, 2021, Paperback, 296 Seiten, 16,90 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Was passiert nach dem Tod? Eine Frage, die unzählige Generationen schon umgetrieben, die Forscher beschäftigt und Spiritisten inspiriert hat. Der US-amerikanische Professor Raymond A. Moody hat in seinen Weltbestsellern um Nahtod-Erfahrungen und -Forschungen seine Erkenntnisse zusammengefasst und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das buchstäblich angenehme Licht am Ende eines Tunnels, die vorangegangenen Verwandten und Freunde die den Verstorbenen erwarten - gibt es sie wirklich oder handelt es sich es Vorspiegelungen unseres Gehirns, das unter Sauerstoffmangel leidet? Fragen, auf die es nach wie vor keine wirkliche Antwort gibt.

Neben diesen Forschungen aber hat Moody auch mittels eines Psychomanteum geforscht - einem Raum, der begrenzt und mit dunklen Stoffen abgehängt, die Konzentration des Probanden ausschließlich auf einen angenehm einsehbaren Spiegel richtet. In diesem haben einige seine Probanden nach einer gewissen Dauer Verstorbene gesehen. Scharlatanerie, oder doch nicht?

Lewin Kirschbaum hat sich mit diesen Themen bislang nicht groß beschäftigt. Als junger Mann, als Psychologie-Student aus Darmstadt, hatte er anderes im Kopf. Dass er sein Studium abbricht und in ein kleines Örtchen im Taunus zieht, erweist sich als - erhellend?

Er lernt eine emeritierte Professorin kennen, die sich auch in dem kleinen Dorf niedergelassen hat. Sie forscht - das Alter und der drohende Tod bringen solche Themen zwangsläufig in den Vordergrund - nach dem, wie es nach dem Exodus weiter geht - und sie hat für Forschungszwecke eine entsprechende Apparatur im Keller ihres Hauses aufgebaut. Lewin aber hat Bedenken, sich der Versuchsanordnung auszusetzen.

Als die Professorin verschwindet, macht er sich auf die Suche nach ihr. Als er in das Psychomateum blickt, glaubt er eine Gestalt erkennen zu können - seine verschollene Freundin?

Voller Selbstzweifel, Ängste und Phobien macht sich Lewin - mehr unfreiwillig als entschieden - auf, der Professorin zu folgen - und findet sich kurz darauf auf einem Planeten mit drei Sonnen, einem lebensfeindlichen Urwald, einem schwarzen Mann und einer uralten Stadt wieder…


Patrick J. Grieser ist neben seiner Tätigkeit als Verleger als Therapeut und Psychologe tätig. Sprich, er weiß, von was er schreibt, wenn er uns einen Studenten des entsprechenden Zweiges sowie eine Professorin im Ruhestand, die eben jene Materie unterrichtet hat, vorstellt.

Im ersten Teil des Buches, das rund ein Drittel des umfasst, stellt er uns seine zwei Hauptfiguren vor.

Den von seinen Ängsten beherrschten Studiumabbrecher und die Professorin im Ruhestand sind so unterschiedlich - und doch verbindet sie so Manches. Beide haben eine Vorbildung auf Psychologischem Fachgebiet, beide mussten sich mit dem Tod und dem was, wenn denn überhaupt, hier nachfolgt beschäftigen und beide verbindet eine nach und nach sich entwickelnde, platonische Freundschaft. Dieser Teil des Plots kommt recht handlungsarm daher, es geht eher geruhsam zu. Grieser nimmt sich hier ganz bewusst die Zeit, uns seine beiden Figuren vorzustellen und diese, insbesondere Lewin, zu charakterisieren.

Nach dem Ortswechsel erwartet den Rezipienten dann ein ganz anderes Bild. Ein Stollensystem, ein gefährlicher Urwald voller tödlicher Bestien, Begegnungen mit anderen Reisenden und Wächtern, die die Erbauer der monströsen, gigantischen Stadt vor Äonen zurückgelassen haben - hier kommt viel unheimliches Flair auf. Für Lewin wie den Leser ist es eine Reise voller Gefahren, voller zum Teil grausamer Begegnungen, voller Furcht und Entdeckungen. Hier präsentiert uns der Autor viel temporeiche Spannung, nutzt gängige Handlungsorte als Kulisse für seine dramatische Handlung, die letztlich in einer Flucht Lewins gipfelt.

Von Mark Freier wie gewohnt mit einem tollen Titelbild sowie einem Lesezeichen versehen wartet so ein unterhaltsamer Roman in der Nachfolge der Arkham-Geschichten auf den Leser. Der Verfasser schlägt hier letztlich erfolgreich die Brücke zwischen der modernen Realität und den verlassenen Städten der Großen Alten.