Richard Chizmar (Hrsg.): Turn Down The Lights (Buch)

Richard Chizmar (Hrsg.)
Turn Down The Lights
Cemetery Dance Germany 4
(Turn Down The Lights, 2013)
Titelbild: Alejandro Colucci
Illustrationen: Mark Edward Geyer, Steven C. Gilberts u.a.

Übersetzung: Claudia Rapp, Sven-Eric Wehmeyer
Buchheim, 2019, Hardcover, 208 Seiten, 39,99 EUR

Rezension von Elmar Huber

Stephen King: „Sommergewitter“
Nach einer verheerenden Katastrophe ist Amerika nahezu entvölkert. Zwei Männer und ein Hund halten so etwas wie Normalität und ihren Lebenswillen gegenseitig aufrecht. Bis zum unabwendbaren Ende.

Norman Partridge: „Blutrot“
Die achtlos entsorgte Waffe eines Killers gerät in den unheilvollen Einfluss einer Hexe, die dem Tod näher ist als dem Leben. Das tödliche Stück Metall wächst, bewegt sich, sammelt auf seinem Weg Dinge ein und wird zu einem Geschöpf, geboren aus Gewalt, Schmerz und dem Wunsch nach Vergeltung.

Jack Ketchum: „Die Toten des Westens“
Seit drei Tagen schlurfen die toten Apachen auf das Fort zu, wo sie inzwischen mit gelangweilt abgefeuerten Schüssen empfangen werden. Mehr Abwechslung verspricht die Erzählung des Arztes über den Ursprung der Untoten.

Brian James Freeman: „Augenblicks-Ewigkeit“
Nachdem der Fotograf Stephen von dem UNO-Hubschrauber in der verlassenen, zerbombten Siedlung nahe dem Kraftwerk einfach vergessen wurde, entdeckt er ein kleines Mädchen, das auf einer Tretmine steht.

Bentley Little: „Im Zimmer“
„Im Zimmer vollführe ich meinen Tanz.“ Dieser merkwürdige Satz ist das Letzte, was er von seinem Vater hört, bevor dieser von einem Tag auf den anderen verschwindet. Über die Jahre gelingt es ihm, dieses Ereignis zu verarbeiten, doch plötzlich hört er wieder von „dem Zimmer“, und jemand verschwindet.

Ed Gorman: „Alleinflug“
Ralph und Tom, beides Witwer in den späten Sechzigern, lernen sich während der Chemo kennen. Aus den Gesprächen der Schwestern bekommen sie Einiges mit, was privat nicht so gut läuft. Die Männer beschließen, den absehbaren Rest ihres Lebens in den Dienst einer guten Sache zu stellen und einige Dinge wieder ins Lot zu bringen.

Ronald Kelly: „Das Plumpsklo“
Frank, Bubba und Mike fassen den Plan, dem alten Chambers einen Halloween-Streich zu spielen und dessen Plumpsklo im nahen Bach zu versenken. Zuerst wundern sie sich noch über die Ketten, mit denen der Verschlag gesichert ist.

Steve Rasnic Tem: „Schräge Vögel“
Jackson arbeitet an einer Sammlung der wirklich schrägen Vögel, die die Great Smoky Mountains bevölkern, harmlose Exzentriker, denen er mit seinem geplanten Buch ein Denkmal setzen will. Jetzt beobachtet er drei Brüder, die ihm wegen ihrer merkwürdigen körperlichen Unstimmigkeiten und Ticks aufgefallen sind. Und er ist überzeugt, dass die drei ein Geheimnis hüten. Ein Geheimnis, das er bald erfahren soll.

Clive Barker: „Püppchen“
Ein glückloses Leben scheint Ellie vorherbestimmt. Schon früh muss sie sich ums Haus und ihre Geschwister kümmern, eine zeitige Ehe macht es nur noch schlimmer. Die schönsten Momente erlebt Ellie in einem Hurenhaus, für das sie als Wäscherin arbeitet. Dort lernt sie die Kunst der Masturbation kennen. Ab da wendet sich ihr Schicksal, ihr Mann stirbt, und ihr altes, einfaches Holzpüppchen, das sie als Kind hatte, ruft sie zurück nach Hause.

Peter Straub: „Die gesammelten Kurzgeschichten von Freddie Prothero, Einleitung von Dr. phil. Torless Magnussen“
Dr. phil. Torless Magnussen, ein bekennender Protherianer (Anhänger des gefeierten Literatur-Genies Freddie Prothero), präsentiert hier sämtliche Kurzgeschichten des kindlichen Autors, der unter seinen Fans als wahrer Visionär gilt und der kurz vor seinem neunten Geburtstag spurlos verschwunden ist.


„Turn Down The Lights“ ist die Jubiläumsanthologie, die 2013 zum 25jährigen Bestehen des Horrormagazins/Verlags Cemetery Dance erschienen ist; auf Deutsch als Band 4 der Reihe „Cemetery Dance Germany“. Statt auf Masse setzt Herausgeber und CD-Chef Richard Chizmar auf langjährige Weggefährten; Autoren, denen Cemetery Dance den klangvollen Namen verdankt, den es heute hat.

Vor allem beweist die Sammlung, welch weites Feld die Phantastik bietet und dass es gar keine übernatürlichen Elemente braucht, um daran zu kratzen. Brian James Freemans „Augenblicks-Ewigkeit“ oder Ed Gormans „Alleinflug“ kommen beispielsweise ganz ohne übernatürliche Elemente aus. Auch Clive Barkers „Püppchen“ ist eher ein Drama, das mit einer Mystery-Prise gewürzt ist. Stephen Kings Geschichte spielt zwar in der Zukunft, doch geschieht auch hier nichts Übernatürliches.

Grandiose Beiträge sind Bentley Littles Weird-Gänsehaut-Erzählung „Im Zimmer“ (David Lynch lässt grüßen), Norman Partridges „M.A.R.K. 13“-Variante „Blutrot“ und Peter Straubs experimentelles „Die gesammelten Kurzgeschichten von Freddie Prothero …“, das die eigene Interpretationsgabe herausfordert.

Weniger subtil kommen dagegen Jack Ketchums Indianerzombies aus ihren Gräbern, wie auch Ronald Kellys Schrecken aus dem Plumpsklo.

Insgesamt sind die zehn Erzählungen derart unterschiedlich, dass wohl jeder Leser sein ganz eigenes Ranking zusammenstellen wird.

Beschlossen wird das Buch mit einem Nachwort von SF- und Horror-Autor Thomas Monteleone („Das Blut des Lammes“, „Die Tore in der Tiefe“), der ausdrücklich Richard Chizmars Rührigkeit, Zielstrebigkeit und langen Atem als die Erfolgsfaktoren von CD nennt.

Für den doch sehr stolzen Preis von 39,99 EUR ist „Turn Down The Lights“, wie alle Bücher der Reihe, pantastisch bibliophil ausgestattet. Sehr schönes Hardcover mit Lesebändchen, das Covermotiv ist mit Glanzapplikationen veredelt. Als Dreingabe enthält die deutsche Ausgabe noch zehn Illustrationen verschiedener Künstler, die in den USA lediglich in der limitierten Artist Edition des Buches enthalten waren.

„Turn Down The Lights“ ist eine überschaubare Sammlung sehr unterschiedlicher Geschichten zu allen Facetten des Horrors. Der Preis und die Ausstattung machen es zum Liebhaberstück.