Caroline Brinkmann: Lotus und Tiger - Die Clans von Tokito 1 (Buch)

Caroline Brinkmann
Lotus und Tiger
Die Clans von Tokito 1
dtv, 2021, Hardcover, 384 Seiten, 18,95 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

In der Megastadt Tokito kann man nur überleben, wenn man einem der herrschenden Clans angehört. Da kommt es naturgemäß nicht sonderlich gut, wenn man, wie die junge Erin, ein ums andere Mal aus dem Clan fliegt.

Gerade hat sie einmal wieder ihren sie mobbenden Vorgesetzten verprügelt, und schon darf sie ihre Arbeit verlassen und das Clantattoo wird ihr natürlich auch entfernt.

Damit ist sie Freiwild - wie sie nur zu schnell erfährt. Organhändler kidnappen sie, sie liegt schon auf dem Tisch, der erste Schnitt zur Öffnung ihrer Buchhöhle ist angesetzt, da greift sie zu einem letzten, verzweifelten Mittel. Sie setzt einen in einem Amulett gefangenen Dämonen frei und nimmt ihn in ihren Körper auf - kurz darauf verlässt sie, äußerlich geheilt, das Zimmer und lässt die in Einzelteilen zerstückelten Organhändler zurück.

Den Preis aber, den sie für ihre Rettung zahlen muss ist hoch - will der Dämon doch nicht weniger als ihre Seele.

Wechsel der Perspektive. Kiran stammt von der nördlichen Küste. Nachdem seine eigenen Eltern versucht haben, ihn zu ertränken hat ein Phari-Mönch sich seiner angenommen. Im Auftrag der Geisha soll er, zusammen mit dem anderen Lehrling seines Meisters, eine Mordserie in Tokito aufklären - bei der blutleere Leichen am Tatort zurückbleiben.

Woanders. Ryanne ist ein angehender Schmetterling - bis sie eine Prüfung nicht besteht und ihr Clansiegel verliert. Ihre Mutter will sie als ehemalige Lotusangehörige im Bordell an den Höchstbietenden verschachern - ein Schicksal, dem Ryanne zu entfliehen sucht.


Drei Schicksale beleuchten das Leben, das Darben und das Sterben in einer Mega-City. Über die jeweils sehr detailliert beschriebenen Protagonisten wird uns nicht nur der Handlungsort, sondern auch das Leben dort vorgestellt. Das Setting als solches erweist sich dabei als ebenso ungewöhnlich, wie interessant.

Nicht länger regelt eine demokratisch gewählte Ordnungsmacht das Geschick der Menschen, sondern die einst sieben, mittlerweile sechs Clans sind für Wohl und Wehe der Menschen verantwortlich.

Über unsere Erzähler erhalten wir Einblick in das alltägliche Leben der Clan-Mitglieder. Angereichert werden diese Bilder und Eindrücke durch ein Verbrechen. Die Morde, bei denen den Opfern einzig das Blut entnommen wird - die wertvollen Organe bleiben zurück - verunsichern nicht nur die Menschen der Stadt, auch die Fürsten der Clans werden unruhig.

In einer Welt, in der Gewalt alltäglich, Missbrauch und Ausnutzung an der Tagesordnung sind, nehmen diese Taten einen besonderen Stellenwert ein.

Der Leser weiß lange nicht, ob und wie die unterschiedlichen Handlungsstränge miteinander zusammenhängen, muss sich erst in dieser komplexen Welt zurechtfinden.

Stilistisch angenehm zu lesen, präsentiert sich uns hier eine Gesellschaft, die an fernöstliche Vorbilder erinnert, in der die Autorin dann Schicksale angesiedelt hat, die uns für die Figuren einnehmen und in die Handlung ziehen.

Die geheimen Machenschaften der Clans, ihre Spezialisierungen bieten eine faszinierende Grundlage für den Plot, der spannend und abwechslungsreich abläuft.