Detlef Klewer (Hrsg.): Necrosteam - Eine Cthulhupunk-Anthologie (Buch))

Detlef Klewer (Hrsg.)
Necrosteam - Eine Cthulhupunk-Anthologie
Titelbild: Detlef Klewer
p.machinery, 2021, Paperback, 320 Seiten, 16,90 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Wir kennen sie inzwischen leidlich: Steampunk-Titel, die allem Optimismus der Verlage - groß wie klein - zum Trotz, bei teutonisch lesenden Kunden einfach nicht dieselbe Begeisterung auslösen, wie im angloamerikanischen Sprachraum. Die Beschäftigung mit dampfbetriebenen Erfindungen aller Art, mit Æther, sie hat zwar eine kleine, eingeschworene Fangemeinde, allein, der ganz große Siegeszug an den Kassen der Buchhandlungen blieb bisher aus.

Ein wenig anders, deutlich besser sieht es mit dem Mythos um die Große Alten, Cthulhu und Co aus. Die Werke in der Nachfolge H. P. Lovecrafts erfreuten und erfreuen sich großen Zuspruchs.

Was liegt also näher, beide phantastischen Subgenres miteinander zu kombinieren und dem Leser Geschichten vorzulegen, die dunkle Phantastik mit Dampf oder Æther verbinden?

Detlef Klewer hat bildlich gesprochen gerufen und sechzehn Autoren haben geantwortet. Zwar hat der Herausgeber auf das einführende Vorwort verzichtet, dafür aber stellt er jedem Beitrag eine Farbillustration passend zum Inhalt voran - eine Entscheidung, mit der ich gut leben kann.

Bei derart vielen Beiträgen ist klar, dass die Bandbreite der gebotenen Inhalte ebenso weit gefächert ist, wie die Handlungsschauplätze. Das Ruhrgebiet dient ebenso als verpestete Bühne wie die Dschungel, Hochebenen und arktischen Eiswüsten - und natürlich immer wieder die britischen Metropolen aber auch einmal Washington.

Auffällig ist, dass die Erzählungen immer zu einem Schwerpunkt hin tendieren. Zumeist erwarten die Leserinnen und Leser Horror-Storys um die Wiederkunft/das Auffinden der Großen Alten, die mit Zeppelinen und/oder besonderen Fahrzeugen als Transportmittel angereichert werden. Wirkliche dampfbetriebene Innovationen findet der Leser eher selten und wenn, dann zumeist als robotähnliche Diener.


Welche Beiträge haben mir besonders gefallen?

Da wäre zunächst Ivan Ertlovs „Das Dorf der Anderen“ zu nennen, der den Leser in den wilden Dschungel entführt und ihn dort auf die Hinterlassenschaften einer alten, gar grausamen Hochkultur stoßen lässt.

Neben der faszinierenden, ewig grünen Kulisse nimmt sich der Autor hier auch der Gleichberechtigung von farbigen Frauen in der britischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts an - seine Protagonistin überrascht die Männer einmal so richtig!

M.W. Ludwigs „Lo-Pan“ spielt wunderbar mit dem chinesischen Stereotypen - auch hier nimmt eine toughe Erzählerin im Stuhl des Erzählers Platz.

Überhaupt fällt auf, dass gerade die Erzählungen, in denen der Verfasser/die Verfasserin en passent die Diskriminierung von Frauen oder Migranten mit hat einfließen lassen, mir am Meisten zusagten.

Georgina Hartmann etwa erzählt in „Die dunkle Mission“ von einer Forscherin, die in ihren wissenschaftlichen Veröffentlichungen ihr Geschlecht verbergen muss, ob ihres Könnens aber zu einer Unterwasser-Exkursion nach R’lyeh eingeladen wird.


Alles in allem ist dies eine Anthologie, die die Freunde Lovecraft’scher Annäherungen besser zu befriedigen weiß, als die Fans des Dampfes. Eine Anthologie aber auch, die abwechslungsreich, spannend und faszinierend zu unterhalten weiß und ihren Obolus wert ist.