Margaret Owen: Krähenzauber (Buch)

Margaret Owen
Krähenzauber
Die 12 Kasten von Sarbor 2
(The Faithless Hawk, 2020)
Übersetzung: Maria Pfaffinger & Ulrike Brauns
Titelbild: Rich Deas
Carlsen, 2020, Hardcover, 416 Seiten, 19,99 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Stellen Sie sich eine archaischen Welt vor, in der die Götter gestorben sind. Willentlich und bewusst, um ihre Jünger mit bestimmten Gaben zu segnen. Entstanden sind so elf Kasten, deren Mitglieder in unterschiedlichem Maß die Begabung ihres Gottes geerbt haben.

Und dann gibt es noch eine zwölfte Kaste, die Krähen. Parias, die immer gerufen werden wenn eine tödliche Seuche wieder zugeschlagen hat und die Opfer, um eine Epidemie zu vermeiden, dem Feuer übergeben werden müssen.

Die Krähen haben anscheinend keine besondere Gabe und sind doch für das Allgemeinwohl unverzichtbar. Säubern sie den Ort des Siechtums nicht, dann greift die Seuche um sich, tötet wahllos alle in der Umgebung lebenden Menschen.

Dass die Krähen dabei von allen anderen Kasten ausgegrenzt, übervorteilt, ja gejagt werden, trägt zu ihrer Not bei. Doch jetzt bahnt sich eine radikale Änderung an. Stur, die Krähen-Hexe, hat dem Thronfolger das Leben gerettet und diesem eine Armee verschafft. Dafür will der Monarch, wenn er denn einmal gekrönt ist, die Krähen vor den sie jagenden Adeligen schützen und ihnen eine angesehene Stellung im Reich verschaffen. Dumm dabei, dass seine Stiefmutter so ganz andere Vorstellungen von der Zukunft des Reiches hat.

Als der König, nicht ganz ungelegen für seine Gattin, stirbt, schiebt sie die Schuld kurzerhand den Krähen in die Schuhe und macht Jagd auf Stur und ihre Rotte. Sie ahnt, dass all ihre Intrigen, ihre Pläne und Verbrechen scheitern, wenn sie die Krähen-Hexe mit ihren Phönix-Zähnen nicht aufhält - doch auch Stur weiß, dass sie dem Kampf gegen die Usurpatorin nicht aus dem Weg gehen kann.

Zu viel hängt an der Auseinandersetzung. das Wohl des Reiches, das Leben des Thronerben und nicht zuletzt die Zukunft der Krähen, die ihr verschollenes Geburtsrecht suchen.


Margaret Owen hat mich mit dem ersten Teil ihres Zweiteilers überrascht und beeindruckt. In einer fernöstlich anmutenden archaischen Welt begegnete uns ein Zauber, wie ich ihn bis dahin noch nie gelesen hatte. Aus Zähnen Verstorbener ziehen die Begabten kurzzeitig magische Kräfte, reisen unsere Protagonisten als Paria durch diese Welt, immer gejagt und verachtet von den Adeligen, aber eben auch unverzichtbar für das Überleben Aller. Hier erwartet uns - sowohl im Auftaktband, wie in vorliegendem Abschluss - eine Queste, die zwar dem Üblichen entspricht (der Kampf der Underdogs gegen die übermächtigen Despoten), aber inhaltlich doch frisch und anders daherkommt.

Nach wie vor ist unsere Erzählerin Stur voller Wut, mit der sie ihre innere Hilflosigkeit - auch sich selbst gegenüber - gerne überspielt. Selbst der Habicht-Krieger Tavin, der ihr treu zur Seite steht, kann sie kaum zügeln, wenn sie ob der ihr widerfahrenden Ungerechtigkeiten ein ums andere Mal explodiert. Der Kampf gegen die Usurpatorin und deren willfährigen Schergen selbst bietet der Autorin jede Menge Möglichkeiten. uns mit spannenden Szenen an die Seiten zu bannen. Die immer wieder angesprochene Diskriminierung nimmt weiterhin einen breiten, fast zu breiten Raum ein. Hier wiederholen sich die entsprechenden Aussagen, ohne dass sie den Plot wirklich weiter voranbringen würden.

Als Fazit bleibt, dass uns die Autorin eine ganz eigene Welt mit einer mehr als ungewöhnlichen Magie offeriert, dass sie sich zwar inhaltlich gerne wiederholt, aber letztlich doch spannend und flüssig unterhält.