Michael Marrak: Das Haus Lazarus (Buch)

Michael Marrak
Das Haus Lazarus
Die besten Erzählungen von Michael Marrak 2
Titelbild: Michael Hutter
Memoranda, 2020, Paperback, 340 Seiten, 18,90 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Michael Marrak dem Fan deutschsprachiger Phantastik vorzustellen, das hieße sicherlich Eulen nach Athen tragen. Marrak hat in den letzten Jahren zwar nicht sonderlich viele Beispiele seiner wortgewaltigen Kunst abgeliefert, dafür aber eine stolze Anzahl von Preisen abgeräumt. Dies zeigt, dass er nicht nur seine Leser sondern auch die jeweilige Fachjury überzeugt hat.

Inhaltlich lässt sich sein Werk nicht einordnen: Science Fiction, dann wieder unheimliche Phantastik, phantastische Abenteuer - dies alles mischt sich zu etwas ganz Eigenem. Verbindend dabei, der überbrodelnde Ideenreichtum sowie die Sprachgewalt mit der der Autor fabuliert. Dabei gefallen mir persönlich seine Kurzgeschichten und Novellen noch besser, als seine umfangreichen Romane.

Erschien der erste Teil seiner gesammelten Erzählungen noch bei Golkonda, so hat sich Hardy Kettlitz in seinem Memoranda Verlag die Gelegenheit nicht entgehen lassen, den zweiten Band vorzulegen.

In diesem hat der Autor acht Erzählungen gesammelt, zu denen er am Ende des Bandes noch ein paar Erläuterungen zur Entstehungsgeschichte und/oder Veröffentlichungshistorie gibt.

Viele der enthaltenen Geschichten kannte ich schon aus den diversen Anthologien, in denen diese erstveröffentlicht wurden, wobei so manche dieser Sammlungen lange ausverkauft sind. Dazu gesellen sich zwei Erstveröffentlichungen: die Titelgeschichte sowie der Kurzroman „Insomnia“.

Von den enthaltenen Erzählungen faszinierten mich drei ganz besonders.

Sowohl „Die Parabel vom Zwielicht“ als auch „Endemion“ orientieren sich an klassischen Geschichten in der Nachfolge von „Weird Tales“ (H. P. Lovecraft, C. A. Smith etc.). Stimmungsvoll, atmosphärisch dicht und doch immer auf eigenen Pfaden wandelnd variiert der Autor hier klassische Themen (das uralte, unter uns wandelnde Böse / die Suche nach Erkenntnissen, die ein zu viel an Selbigem bringt), zieht den Leser jeweils in die Handlung und die wunderbar intensiv beschriebenen Schauplätze.

Dazu gesellt sich eine Future Crime Story. In „Insomnia“ begleiten wir einen Ermittler bei der Suche nach Motiv und Täter eines Raubes. Augäpfel wurden gestohlen, Wissenschaftler dabei mittels eines EMP-ähnlichen Impulses in Sekundenbruchteilen getötet - auf den Aufzeichnungen ist nichts zu sehen. Wer war der, wer sind die Täter, warum wurden ausgerechnet Augäpfel gestohlen?

Sowohl die Stimmung, als auch die beschriebene Welt erinnern dabei ein wenig an Dicks „Blade Runner“ („Träumen Androiden von elektrischen Schafen?“). Das hat Etwas, das mich ganz intensiv an die Verfilmung des Dick’schen Klassikers erinnerte, das könnte ich mir auch gut als Auftakt eines Romans vorstellen - einfach klasse!

Insgesamt also ein Band, der bestens unterhält, der die große Bandbreite des Schaffens von Michael Marrak aufzeigt und stilistisch sehr ansprechende Texte vorlegt.