Alyson Noël: Die Unsterblichen – Evermore 1 (Buch)

Alyson Noël
Die Unsterblichen
Evermore 1
(Evermore, 2009)
Aus dem Amerikanischen von Marie-Luise Bezzenberger
Titelgestaltung von UNO Werbeagentur unter Verwendung eines Motivs von plainpicture, Getty Images
Autorenfoto von Jen Rosenstein
Page & Turner, 2009, Paperback mit Klappenbroschur, 374 Seiten (plus 6 Seiten Leseprobe aus Alyson Noëls „Evermore – Der blaue Mond“), 16,95 EUR, ISBN 978-3-442-20360-4

Von Irene Salzmann

Die 16-jährige Ever verliert bei einem Autounfall ihre Eltern und die jüngere Schwester. Wie durch ein Wunder überlebt sie schwerverletzt und kann seither sowohl die Auren anderer Menschen wahrnehmen, als auch ihre Gedanken lesen und Geschehnisse aus ihrer Vergangenheit sehen. Um nicht verrückt zu werden, wahrt sie Distanz zu anderen, versteckt sich unter Kapuzen-Sweatern und dröhnt sich mit lauter Musik zu. Die Goth Haven und der homosexuelle Miles, die Freaks an der Schule, sind Evers einzigen Freunde.

Unverhofft taucht ein neuer Schüler auf, der attraktive Damen Auguste, der die Herzen aller Mädchen und einiger Jungen höherschlagen lässt. Kurioserweise sucht er ausgerechnet den Kontakt zu Ever, die sich vergeblich bemüht, ihm aus dem Weg zu gehen. Als ein Ausweichen nicht mehr möglich ist, ist es, als würde ein Blitz sie treffen: Damen ist wirklich ein schöner junger Mann – aber weder kann Ever seine Aura sehen noch seine Gedanken lesen! Allerdings setzt Damen Ever ständig einem Wechselbad der Gefühle aus. Einmal ist er überaus aufmerksam, überrascht sie mit roten Tulpen und flirtet mit ihr, dann wieder lässt er sie einfach stehen, verschwindet spurlos oder schenkt anderen Mädchen weiße Rosen. Obwohl sie versucht, sich Damen aus dem Kopf zu schlagen, will es ihr einfach nicht gelingen – und sie möchte mehr über ihn erfahren. Als sie sich heimlich in seine Wohnung schleicht, macht sie eine Entdeckung, die sie zu tiefst schockiert und begreifen lässt, dass er kein normaler Mensch ist. Welche Geheimnisse hält er noch verborgen? Und in welcher Beziehung steht er zu der kapriziösen Drina?

Die Paranormal Romances boomen noch immer. Serien wie P. C. & Kristin Casts „House of Night“, Claudia Grays „Evernight” und natürlich Stephenie Meyers „Twilight” haben jede Menge Fans, vor allem Leserinnen ab 15 Jahre. „Evermore“ von Alyson Noël fährt auf derselben Schiene, nur dass diesmal der geheimnisvolle Märchenprinz kein Vampir sondern ein Unsterblicher ist, wie der Titel bereits vorwegnimmt. Auch dieses Motiv ist nicht neu und wurde vor allem durch die Kino-Filme und die TV-Serie „Highlander“ populär. Ansonsten bietet „Evermore“ genau das, was man auch von den anderen Reihen her kennt: Die Handlung spielt im Schülermilieu. Die Protagonistin zeichnet sich durch eine Besonderheit aus und ist ein Außenseiter. Trotzdem – oder gerade deswegen – zieht ausgerechnet sie die Aufmerksamkeit des begehrtesten Jungen auf sich. Obgleich sie es sich nicht eingestehen will, verliebt sie sich in ihn, doch sein Verhalten lässt sie zweifeln, ob er es ernst meint. Als sie sein Geheimnis entdeckt, übersieht sie, von wem die wahre Gefahr ausgeht. Es muss erst einiges passieren, bis die Puzzlestücke an den richtigen Plätzen liegen und der Höhepunkt des Romans einen nicht ganz unerwarteten Verlauf nimmt. Danach weiß man als Leser über das Wesentliche Bescheid, das große Mysterium ist keines mehr. Das Buch ist relativ in sich abgeschlossen, es gibt keinen Cliffhanger, dennoch möchte man erfahren, wie es weitergeht, denn nicht alle Fragen wurden beantwortet, so dass für die Folgebände noch genug Konfliktpotential und Überraschungen für dramatische Wendungen bleiben.

Alyson Noël erzählt die Geschichte aus Evers Perspektive flüssig und leger. Die Hauptfigur ist an sich eine typische Jugendliche, die sich vor dem Unfall in den ‚besseren‘ Kreisen bewegte und ein ‚it-Girl‘ war, nun jedoch zwischen dem Klischeebild eines ‚Emos‘ und ihrem früheren Selbst schwankt. Momente tiefster Verzweiflung folgen auf Situationen, in denen sie vergessen und Spaß haben möchte, und danach verfällt sie erneut ihren Depressionen oder reagiert sehr heftig. Ihren Freunden Haven und Miles wird einiger Raum zugestanden, aber da sie eigene Probleme haben, stellen sie keine Hilfe dar. Sie fungieren vor allem als Dialogpartner und tragen dazu bei, dass die Geschehnisse eskalieren oder eine Wende nehmen wie zum Beispiel durch die unheilvolle Freundschaft zwischen Haven und Drina. Die übrigen Charaktere haben praktisch nur die Rollen von Statisten inne und bleiben blass. Das romantische Hin und Her sowie das Rätsel um Damen stehen im Mittelpunkt einer Handlung, in der wenig passiert und in der dafür umso mehr geredet – mitunter zerredet – wird. Erst zum Schluss hin, als Ever der Tod droht, nimmt das Tempo zu, die Spannungskurve steigt ..., und die Auflösung nach deus ex machina enttäuscht. Gerade das leseerfahrene Publikum hat hier mehr erwartet.

Jüngere Leserinnen, denen die Romanze wichtiger als spannende Phantastik ist, werden jedoch sehr zufrieden sein. Sie dürfen Anteil nehmen an den Sorgen einer interessanten Protagonistin, mit ihr von einem faszinierenden Typen träumen und ein wenig Abenteuerluft schnuppern. Zweifellos werden alle, die Feuer gefangen haben, gespannt auf die nächsten Bände warten.