Suzanne Collins: Die Tribute von Panem X - Das Lied von Vogel und Schlange (Buch)

Suzanne Collins
Die Tribute von Panem X - Das Lied von Vogel und Schlange
(The Ballad of Songbirds and Snakes - A Hunger Game Novel, 2020)
Übersetzung: Sylke Hachmeister und Peter Klöss
Oetinger, 2020, Hardcover, 608 Seiten, 26,00 EUR, ISBN 978-3-7891-2002-2 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Wenn Buchreihen erfolgreich sind und dann auch noch verfilmt werden, bleibt es oft nicht aus, dass die Fans nach mehr Input schreien und die Autoren das dann natürlich auch ausnutzen wollen. Oft entstehen dann auch Prequels, so wie in diesem Fall. Suzanne Collins springt gut 65 Jahre in die Vergangenheit zurück. Dafür steht dann auch das X im Titel des Buchs „Die Tribute von Panem X - Das Lied von Vogel und Schlange“

 

Man schreibt das zehnte Jahr nach dem Ende des Krieges und der Einführung der Hungerspiele, um die Distrikte unter Kontrolle zu halten. Überall sind die Entbehrungen noch spürbar, selbst bei den alteingesessenen Familien des Kapitols. Die Snows hat es besonders hart getroffen; Coriolanus, seine Großmutter und seine Cousine beißen sich durch, so gut sie können und versuchen ihre Armut nicht nach außen zu zeigen. Für den jungen Mann steht ohnehin ein wichtiger Punkt in seinem Leben an, denn ohne Geld kann er nicht studieren. Er braucht zwingend ein Stipendium, wenn er seiner Familie wieder auf die Beine helfen will.

Deshalb macht er auch bei dem Mentoren-Programm mit, denn erstmals sollen die Tribute nicht einfach so in der Arena aufeinander gehetzt, sondern präsentiert werden. Coriolanus bekommt ausgerechnet ein Mädchen aus Distrikt 12 zugeteilt, das vermutlich nicht lange leben wird - doch das Blatt wendet sich, als er sie dann kennenlernt. Denn Lucy Gray wird sein Leben nachhaltig verändern und prägen.


Gerade bei Vorgeschichten bietet es sich an, von der Jugend und dem Werdegang eines der älteren Charaktere zu erzählen. Jeder dürfte sich an Coriolanus Snow erinnern, den gnadenlosen und grausamen Präsidenten von Panem, der vor allem in Katniss seine größte Feindin sah - jetzt versteht man nach der Lektüre auch, warum.

Mit gut achtzehn Jahren ist er allerdings noch ein wenig anders und trägt auch positive Züge in sich. Er versucht seiner Familie - oder besser das, was davon übrig ist -, so gut zu helfen wie er kann. Auch er kennt bittere Armut und Hunger, kann von Luxus, wie ihn sein Freund Sejanus kennt, nur träumen. Aber er ist ehrgeizig und stolz, will nicht aufgeben. Doch es ist ausgerechnet sein Tribut, der immer wieder Zweifel und andere Gedanken in ihm weckt, weil er dem Mädchen immer wieder helfen will, auch wenn das gefährlich ist, wie er an seinem besten Freund erkennen muss.

Die Beiden sind ein perfekter Gegenentwurf zueinander; der eine zerbricht an den zehnten Hungerspielen, die nicht ganz so ablaufen, wie sie sollen und immer wieder für Schmerzen und Angst sorgen, der andere entwickelt daraus die Stärke, die er braucht, um der zu werden, als den man ihn kennt.
 
Die Autorin bleibt sich treu: Schon am Anfang hat der Held einige unangenehme Züge, die ihn nicht so ans Herz wachsen lassen wie ein paar andere Figuren, unter ihnen Sejanus und Lucy. Dazu gibt es ein paar weitere nette Schmankerln - man erfährt zum Beispiel, woher ein gewisses Lied stammt. Und auch auf den Titel des Romans wird immer wieder Bezug genommen.

Interessant ist auch das Setting: Das Capitol noch ohne den Glanz und die Technik zu sehen,  die es in den später spielenden Romanen hat, ist ebenfalls sehr angenehm. Alles in allem erfüllt die Autorin die Erwartungen, die man als Leser an die Lektüre stellt, denn man bekommt einen typischen Collins, was in diesem Fall auch noch sehr unterhaltsam und kurzweilig zu lesen ist.

„Die Tribute von Panem X - Das Lied von Vogel und Schlange“ ist eine interessante Ergänzung zur Trilogie um Katniss und ihre Freunde. Der Roman verrät dem Leser nicht nur, welche Weichen gestellt wurden um Präsident Snow zu dem Monster zu formen, als das er später auftritt, sondern bietet auch einen interessanten Einblick in die frühen Jahre des Staates, in dem auch noch das Capitol und seine Bewohner deutlich von den Folgen des Krieges gezeichnet sind. Fans sollten sich die Geschichte daher nicht entgehen lassen.