Stefan Burban: Im Zeichen der Templer (Buch)

Stefan Burban
Im Zeichen der Templer
Titelbild: Mark Freier
Atlantis, 2016, Paperback, 322 Seiten, 13,90 EUR, ISBN 978-3-86402-412-2 (auch als Hardcover und eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Das Heilige Land, 1187: Nach einer verheerenden Schlacht liegt der Tempelritter Christian d’Orleans im Sterben. Plötzlich tauchen Kreaturen auf, bei denen es sich keineswegs um feindliche Ritter handelt, die den Verletzten den Gnadenstoß verpassen oder die Leichen fleddern wollen. Schließlich nähert sich eines der Wesen Christian, das wie seine Gefährten das Blut des hilflosen Opfers trinken will. Mit viel Glück gelingt es Christian, seinen überraschten Gegner abzuwehren und zu töten, doch schluckt er wider Willen etwas von dessen Blut.

Daraufhin heilen die Wunden des Templers, und er kann von dem Schlachtfeld entkommen. Nach und nach stellt er Veränderungen an sich fest: Er ist nun stärker und ausdauernder, seine Sinne sind in der Nacht schärfer, er fürchtet das Tageslicht und dürstet nach Blut, was einige Einheimische, die seinen Pfad kreuzen, mit dem Leben bezahlen. Christian ist entsetzt über das unkontrollierbare Monster, das er geworden ist.

Unverhofft wird er von zwei Johannitern in der Höhle aufgestöbert, in die er sich zurückgezogen hat. Heinrich von Schwaben ist wie er, aber dessen Begleiter Karl von Braunschweig ist ein Mensch. Zunächst will Christian nicht glauben, was ihm die beiden über ihr eigenes Schicksal erzählen - und über Vampire, die es nicht geben soll, doch alles fügt sich zu einem Bild zusammen, das der Templer nicht länger leugnen kann.

Trotzdem lehnt er das Angebot seiner neuen Freunde ab, sich ihnen anzuschließen, um zu lernen, seine vampirischen Bedürfnisse in den Griff zu bekommen und mit ihnen gegen einen Feind zu kämpfen, der noch viel mächtiger ist als Salah ad-Din und seine Sarazenen. Stattdessen hält es Christian für seine Pflicht, die nächste Festung, die noch von Ordensrittern gehalten wird, aufzusuchen und die Männer zu warnen, dass das christliche Heer vernichtet wurde und der Feind gen Jerusalem marschiert.

Heinrich und Karl lassen ihn ziehen, und Christian erreicht sein Ziel, doch lange kann er seine wahre Natur nicht verbergen. Er wird eingesperrt und soll hingerichtet werden. Unterdessen wird Salah ad-Din, der der unwillige Bündnispartner und kaum mehr als eine Marionette Frederick DiSalvatinis ist, Jerusalem als Belohnung versprochen, wenn sie dort den Heiligen Gral finden, dessen Macht der uralte Vampirs nutzen will, um die ganze Welt zu unterjochen und sie zum Reich der Vampire zu machen.


Diesmal hat Stefan Burban sein Military Adventure weder in der Zukunft noch in einer Fantasy-Welt angesiedelt, sondern als Hintergrund die Kulisse der Monate vor dem dritten Kreuzzug (1189-1192) gewählt. Die Schlacht von Hattin 1187 endete in einer Katastrophe für die christlichen Heere, und wenig später verloren sie auch die Stadt Jerusalem an Saladin. Danach war der Niedergang der Kreuzfahrerstaaten nicht mehr aufzuhalten, die heiligen Stätten des Christentums im Orient fielen in muslimische Hand, und auch Europa wankte unter dem Ansturm der Eroberer aus dem Morgenland.

Dieser Ära ermöglicht es dem Autor zudem, populäre Zeitgenossen einzubinden. Nein, nicht Friedrich I. und Richard Löwenherz (in diesem Buch), die am dritten Kreuzzug beteiligt waren, sondern Robin Hood, der zwar als reale Person nicht belegt ist, doch im Rahmen der Legendenbildung seinen Kampf gegen die normannischen Eroberer im späten 12. Jahrhundert geführt haben soll. Im Film „Robin Hood - König der Diebe“ (1991) verknüpft man den Aufenthalt im Heiligen Land und die daraus resultierende lange Abwesenheit mit dem Verlust seiner Ländereien.

Die historischen Fakten und den flexiblen Sagenstoff verbindet der Autor mit dem beliebten Vampir-Motiv. Dann geht er der Frage nach, was wäre, wenn es bei der Schlacht um Jerusalem gar nicht oder nicht allein um die Vorherrschaft des Christentums oder des Islams in der Region ginge, sondern eine geheime Macht im Hintergrund die Strippen zöge, um mit Hilfe des Siegers eigene Interessen durchzusetzen? Eine Macht, die ihren Vorteil daraus schöpft, dass niemand wirklich an ihre Existenz glaubt, sodass sie umso leichter infiltrieren, intrigieren und aus dem Hinterhalt zuschlagen kann?

Das ist genau das Garn, das Stefan Burban hier spinnt. Salah ad-Din ist lediglich einer von vielen Steinen in dem viel größer angelegten Spiel von Frederick DiSalvatino, ein Name wie Schall und Rauch, denn sein wahrer ist ein anderer, und nur Heinrich weiß mehr, kann jedoch aus verschiedenen (insbesondere dramaturgischen) Gründen nicht gleich alle Details aufdecken. Karl und schließlich auch Christian werden in diesen Konflikt, der auch ein privater zwischen dem ‚guten‘ und dem ‚bösen‘ Vampir ist, hineingezogen, wobei der erst kürzlich Gewandelte zunächst seine unmittelbaren Probleme, den Blutdurst und die Bedrohung, die seine panischen Kameraden darstellen, lösen muss, bevor er wirklich zum Verteidiger der Menschen werden und endlich auch dem eigentlichen Feind gegenübertreten kann.

Natürlich gibt es (mehr als) einen Showdown, sodass die belegte Geschichte ihren bekannten Lauf nehmen kann, doch die eigentliche Gefahr ist nicht gebannt, was heißt, dass weitere Romane folgen werden. Schätzt man die Bücher des Autors, dessen Protagonisten nie den einfachen Weg wählen und sich vielen Prüfungen stellen müssen, freut man sich auf diese Fortsetzungen.