Ein seltsamer Tag - Robotermärchen (Comic)

Ein seltsamer Tag - Robotermärchen
Text: Olaf Brill
Zeichnungen: Michael Vogt
Atlantis, 2018, Hardcover, 56 Seiten, 15,99 EUR, ISBN 978-3-86402-554-9

Rezension von Irene Salzmann

Die rund dreißig Episoden von „Ein seltsamer Tag - Robotermärchen“, geschrieben von Olaf Brill und illustriert von Michael Vogt, erscheinen seit geraumer Zeit regelmäßig in „phantastisch!“, „U-Comix“ und „Hollandsch Metaal“. Im vorliegenden Hardcover-Album wurden sie erstmals zusammengefasst, mit drei bisher unveröffentlichten Storys und einem illustrierten Sekundärteil ergänzt. Letzterer schildert die Hintergründe des Projekts, stellt die Künstler vor und geht auf einige der verarbeiteten, teils wiederkehrenden Motive ein.

 

Der Roboter Niemand lebt mit seiner Frau Maschinchen in einem Haus in der Stadt Nirgendwo. Jeden Tag begibt er sich an seine Arbeitsstätte, eine dampfbetriebene Fabrik, wo er pflichtbewusst, wenn auch mit geringem Eifer, alles erledigt, was an ihn herangetragen wird. Nie fragt er nach dem Sinn seiner Tätigkeit oder was das Resultat davon ist, wenn er als Putzmann die Fabrik vom Unrat einer Feier oder einen üppig grünen Planeten von seinen Pflanzen säubert. Schon während er sein Heim verlässt, freut er sich auf die Rückkehr nach einer Schicht, die durchaus einige Jahrhunderte dauern kann in einem Universum, das sich regelmäßig erneuert.


Niemand verkörpert im Prinzip den Jedermann, den bürgerlichen Angestellten, der für jene weiter oben in der Hierarchie ein namenloser Niemand ist, ein winziges Rädchen im Getriebe, das fehlerfrei funktionieren soll, damit alles so läuft, wie von oben gewünscht. Ein Hinterfragen oder gar Infragestellen der Tätigkeiten ist nicht vorgesehen und kommt Niemand auch nicht in den Sinn. Wie erwartet, erledigt er stoisch seine Arbeit, wofür er intelligent genug ist, doch ohne womöglich problematische Ambitionen zu entwickeln. Trotzdem hat er auch ein Leben nach Feierabend und von seiner Neugier getriebene Gedanken, Träume und Wünsche. In seiner Freizeit sitzt er - ganz menschlich - mit seiner Frau am Tisch und trinkt Tee/Öl, schläft in einem Ehebett und hat gelegentlich Albträume, fühlt sich von aufdringlicher Verwandtschaft genervt, die Gattin geht Shoppen, das Paar macht Urlaub, wobei es zufällig die erste Mondlandung beobachtet, usw. usf.

Auch die übrigen Charaktere (andere Roboter, Aliens, Menschen), mit denen Niemand in Berührung kommt, haben ihre Kümmernisse. Diese werden von ihm nicht weiter reflektiert, dafür akzeptiert, und wird er um Hilfe gebeten, gewährt er sie.

Sein Verhalten karikiert das der Menschen, indem er sich im Prinzip wie jedermann benimmt, aber doch eine andere Sichtweise mitbringt, die eine gewisse Distanz schafft und ebenso wie der Epilog daran erinnert, dass er eine Maschine ist, eine Maschine mit menschlichen Zügen, während der Mensch hinter seiner Fassade die (Arbeits-) Maschine verbirgt? Wenn man möchte, kann man so manche Anspielung in Niemands Erlebnisse hinein interpretieren.

Die Zeichnungen ergänzen gelungen die Monologe und Unterhaltungen und machen so manches Wort überflüssig.

„Ein seltsamer Tag - Robotermärchen“ ist ein kurzweiliges, doppelsinniges Lese-Vergnügen, das viel Raum für eigene Interpretationen bietet.