X-Men: House of X & Powers of X 1 (Comic)

X-Men: House of X & Powers of X 1
(House of X 1, Powers of X 1, 2019)
Autor: Jonathan Hickman
Titelbild: Pepe Larraz
Zeichnungen: Pepe Larraz, Marte Garcia, R. B. Silva, Adriano di Benedetto
Übersetzung: Alexander Rösch
Panini, 2020, Paperback, 108 Seiten, 10,99 EUR, ISBN 978-3-7416-1628-0

Rezension von Irene Salzmann

Nachdem Marvel (wieder einmal) verschiedene Serien eingestellt hat und einen Relaunch plant, wird der Leser durch die ersten Nummern von „House of X“ und „Powers of X“ erst einmal so richtig von Jonathan Hickman in eine völlig neue Welt geworfen, die zunächst offen lässt, was in ihr von den jüngsten Ereignissen von Bedeutung ist oder nicht. Man sieht einige bekannte Gesichter und vermisst noch sehr viele mehr.

 

Professor X, der im Körper von Fantomex wiedergeboren wurde und nicht allzu viel mit dem früher nach Frieden strebenden und zwischen Menschen und Mutanten vermittelnden Mentor der X-Men gemein hat, lässt durch Pflanzenableger der lebenden Insel Krakoa, ebenfalls ein Mutant, an vielen Orten Habitate entstehen, die dem Homo Superior als Heimat dienen sollen. Sie sind durch Portale miteinander verbunden, die nur von Mutanten genutzt werden können und begleiteten menschlichen Gästen.

Magneto empfängt als Botschafter der jungen Mutanten-Nation die Abgesandten verschiedener Staaten. Dafür, dass die abgeschotteten Habitate als souveräne Nation anerkannt werden, wollen die Mutanten den Menschen drei Arzneien zur Verfügung stellen. An Auseinandersetzungen ist die nun wieder wachsende Spezies nicht interessiert, aber sie ist es auch müde, immer wieder zu verhandeln, Kompromisse zum eigenen Nachteil einzugehen und trotz ständiger Einsätze zum Wohle aller verfolgt zu werden und schlimmer. Unter dem zurückgekehrten Charles Xavier fordern die Mutanten ihre Rechte ein.

Das wiederum ruft Orchid auf den Plan, ein Bündnis verschiedener Gruppierungen wie Alpha Flight, Sword, AIM und so weiter, die verhindern wollen, dass der Homo Sapiens vom Homo Superior verdrängt wird.

Dann springt die Geschichte zehn Jahre in die Vergangenheit. Professor X begegnet auf einem Jahrmarkt Moira Kinross (MacTaggert), deren Gedanken er liest und ihnen Überraschendes entnimmt.

Wieder in der Gegenwart bringt Mystique einen gestohlenen Datenträger in eines der Habitate. Über den Inhalt wird nichts Näheres verraten.

Denn die Handlung verlagert sich um hundert Jahre in eine Zukunft, in der Mr. Sinisters Mutanten-Züchtungen auf einer von Sentinels beherrschten Erde zu überleben versuchen. Bloß noch wenige Mutanten von einst stehen ihnen bei, darunter Wolverine und Xom.

Tausend Jahre in der Zukunft hoffen die Bewohner der Erde, dass sich die Schrecken der Vergangenheit nie mehr wiederholen.


Nach diesen beiden ersten Episoden des neuen „X-Men“-Crossovers weiß man wirklich nicht, woran man ist und worauf man sich einstellen muss. Die letzten Aktionen der Mutanten, die ihrer eigenen Rettung und dem Erhalt ihrer Spezies dienten, liefen doch ziemlich aus dem Ruder. Betrachtet man das aufziehende Unheil in der Gegenwart und die kurzen Einblicke in die Zukunft, so verheißt auch dieser Plan nichts Gutes. Man fühlt sich an „Days of Future Past“ und „Age of Apokalypse“ erinnert - und fragt sich, ob hier nicht auch wieder etwas inszeniert wird, das dann (wieder mal) zu einem Reset führt, weil allzu drastische Änderungen von vielen Lesern nicht akzeptiert werden (weshalb tote Helden nach einer Weile in der Regel zurückkehren).

Was aus dieser neuen Mini-Serie wird, wie sie die künftigen Geschichten des Marvel-Universums beeinflussen mag, bleibt abzuwarten. Sicher ist nur, dass man alle Episoden in der richtigen Reihenfolge lesen sollte, um Stück für Stück herauszufinden, was vor und nach der Gegenwartshandlung passiert und zu welchen Konsequenzen führt.

Die ständigen Zeitsprünge dürften die Lektüre nicht gerade einfach gestalten und so manche Fragen aufwerfen, bis am Ende die einzelnen Puzzle-Stücke hoffentlich an die richtigen Plätze fallen.

Ob die Storyline gefällt, kann man so früh schwerlich beantworten, aber die Zeichnungen von Pepe Larraz und R. B. Silva sind sehr homogen und äußerst ansprechend. Allein der Helm von Professor X erinnert doch sehr an, freundlich gesagt, Michel aus Lönneberga („Michel in der Suppenschüssel“, 1963; verfilmt 1971), weniger freundlich, an einen Nachttopf…

X-Men-Fans werden kein Abenteuer verpassen wollen, schon gar nicht, wenn es eine neue Richtung auftut. Um der sehr komplexen - um nicht zu sagen: verworrenen - Handlung folgen zu können, muss man jedoch am Ball bleiben. Der Autor packt eine Menge in die Story hinein, vielleicht sogar schon zu viel, und Moira MacTaggert erhält eine Schlüsselrolle, mit der gewiss niemand gerechnet hätte.