Melissa Caruso: Flammenflug (Buch)

Melissa Caruso
Flammenflug
Feuerfalken-Trilogie 1
(The Tethered Mage, 2017)
Übersetzung: Frauke Meier
Titelbild: Misty Fugate
Bastei Lübbe, 2019, Paperback, 512 Seiten, 16,00 EUR, ISBN 978-3-404-20946-0 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Wir kennen sie alle - unsere muskelbepackten Helden, die sich mit geschliffenem Stahl in archaischen Kulturen aufmachen, das Böse zu bekämpfen. So manches Mal wird das verhüttete Eisen auch durch einen Zauberspruch ersetzt, ansonsten ähneln sich die Grundanlagen erfolgreicher High-Fantasy-Epen verblüffend. Umso erfreulicher, wenn ein Verlag andere Wege geht und ganz gezielt nach Büchern Ausschau hält, die dem gängigen Muster nicht so ganz entsprechen. Bastei Lübbe hat in den letzten Monaten zwar sein Print-Programm massiv heruntergefahren, dabei aber durchaus interessante, weil ungewöhnliche Titel vorgelegt.

 

Mit dem ersten Band einer Trilogie (wie kann es auch anders sein) stellt uns die Autorin einen Stadtstaat, Raverra genannt, vor, der unschwer als eine Abwandlung Venedigs erkennbar ist. Nicht umsonst regiert ein Doge das Reich, ein Rat der Neun bestimmt über die Geschicke, Gesetze und letztlich das Wohl der Menschen in der Stadt wie in den annektierten Ländern.

Amalia stammt aus einem noblen Geschlecht. Ihr Mutter ist die unoffizielle Anführerin des Rats der Neun, Führerin des Geheimdienstes und machtbesessene Lenkerin der großen Spiels der Beeinflussung mit allen Mitteln. Dass ihre Tochter so gar nicht nach ihr kommt, dass diese sich lieber mit alten Büchern beschäftigt, trübt ihr Verhältnis ein wenig.

Eines Nachts kommt Amalia von einem - natürlich illegalen und von der Mutter verbotenem - Buchkauf zurück, als sie auf ein Gossenmädchen trifft, das von finsteren Schurken überfallen wird. Als sie eingreift, eskaliert die Lage - kurz darauf entfacht die Unbekannte ihre magische Kraft; ein Feuer, das Stein und Bein in Flammen aufgehen lässt und die ganze Stadt niederbrennen könnte. Nur mittels eines magischen Bundes kann die Bedrohung noch aufgehalten werden - ein Bund den nur der Tod lösen kann und der die beiden so ungleichen Frauen aneinander kettet.

Als kurz darauf in einem der Vasallenstaaten Raverras Unruhen ausbrechen, gar von Revolution gemunkelt wird, werden die beiden als Drohgebärde entsandt, um den Aufruhr im Keim zu ersticken oder die Stadt abzufackeln. Sie kommen, begleitet von einem sympathischen Militär, in ein Nest aus Geheimnissen, Gefahr und Verrat - und nicht zuletzt einer Liebe, die nicht sein darf…


Tja, der Plot-Zusammenfassung kann man entnehmen, dass blanker Stahl eher eine untergeordnete Rolle spielt. Statt also Tolkien oder Howard erwartet uns eher ein phantastischer John le Carré – sprich, es geht viel um Politik,und Verwicklungen, Intrigen und jede Menge Geheimnisse.

Dies alles aber mit leichter Hand aufbereitet und dank der beiden, nein eigentlich müsste ich sagen drei Hauptfiguren, die uns schnell ans Herz wachsen, ungemein fesselnd, so dass sich der Roman, obwohl kaum etwas Martialisches passiert, wie von selber liest.

Gerade der Gegensatz - hier das arme hemdsärmelige Mädchen aus der Gosse, das sich aller Not und Anfeindungen zum Trotz seine Integrität bewahrt hat, dort die zunächst etwas steife, naseweise Adelige, die sich trotz oder gerade wegen ihrer Herkunft bemüßigt fühlt, für das was recht ist einzutreten, tragen zum Lesefluss und Genuss bei. Dazu der Militär, der obzwar nur eine Nebenrolle als Gegenpol für den Plot wichtig ist. Es ist das intelligente Spiel mit den Verwicklungen, der Suche nach den Verrätern und deren Motiven, aber auch einer Liebe, die nicht sein darf, aus denen das Buch seine beträchtliche Spannung zieht.

So ist dieser Auftakt eine willkommene, positive Überraschung, und die Zeit bis zum Erscheinen des zweiten Bandes im Januar 2020 wird lang werden.