Jagd auf Wolverine 2 (Comic)

Jagd auf Wolverine 2
(Hunt for Wolverine: Mystery in Madripoor 1-4 + Hunt for Wolverine: Claws of a Killer 1-4 + Hunt for Wolverine: Dead Ends 1, 2018)
Autor: Charles Soule u.a.
Übersetzung: Bernd Kronsbein
Titelbild: Mario Checchetto
Zeichnungen: Mack Chater, Butch Guise, Leonard Kirk u.a.
Panini, 2019, Paperback, 212 Seiten, 22,00 EUR, ISBN 978-3-7416-1252-7-5

Rezension von Irene Salzmann

Wolverines Leiche ist aus ihrem Grab verschwunden, Freund und Feind suchen nach ihr – und es mehren sich die Anzeichen, dass der Verstorbene auf wundersame Weise ins Leben zurückkehrte, wobei er jedoch eine blutige Spur zu hinterlassen begann, wie sie für ihn nicht typisch ist. Bisher konnte jedoch niemand eindeutig bestätigen, dass der echte Wolverine lebt, denn man stieß immer nur auf falsche Fährten, Klone und Personen, welche die Wahrheit verschleiern wollen.

Einige X-Men, die durch ein besonderes Band mit ihm verbunden sind, begeben sich nach Madripoor, einem Ort, an dem Wolverine viele Bekannte und Verstecke hat. Seit einer geraumen Weile hat Magneto dort eine Basis eingerichtet, und so Manches spricht dafür, dass er sich wieder auf die Seite des Verbrechens geschlagen haben könnte. Dem scheint auch so zu sein, denn die X-Men tappen prompt in eine Falle, als sie ihn zur Rede zu stellen versuchen, ob er mit der ganzen Sache etwas zu tun hat.

Auch Sabretooth, Lady Deathstrike und Daken forschen nach dem Aufenthaltsort von Wolverine, den sie erledigen möchten, falls er wirklich am Leben sein sollte. Sie geraten an einen Ort, an dem bizarre Experimente durchgeführt werden, die selbst für Mutanten mit Heilfaktor eine Bedrohung darstellen.

Kitty Pryde bittet Tony Stark/Iron Man und Matt Murdock/Daredevil, ihr zu berichten, was sie bei ihren Ermittlungen herausgefunden haben („Jagd auf Wolverine“ 1). Zum großen Bedauern aller gibt es keine konkreten Ergebnisse außer der Erkenntnis, dass eine bislang unbekannte Organisation hinter allem stehen dürfte, die sich durch die Drohung einer maskierten Frau, die sich Persephone nennt, manifestiert.


Fans, die sich nach dem Original-Wolverine sehnen, werden in diesem Zweiteiler von Panini zwar nicht ans Ziel ihrer Wünsche gebracht, doch lassen die hier gesammelten Storys und einige Cameos in anderen Heften darauf schließen, dass Logan/Patch/James Howlett/Weapon X/Wolverine usw. usf. von den Toten wiederauferstanden ist und nicht, wie angedeutet wurde, die Seiten gewechselt hat, sondern missbraucht wird.

Ob das so ist, was genau man mit ihm anstellt und welche Pläne Persephone und ihre Leute verfolgen, wird nicht näher ausgeführt, so dass dieser Mini-Serie eine appetizer-Funktion zukommt: Bekannte Mächte wollen Wolverines Leiche habhaft werden für Gen-Experimente, und nun mischt auch eine bislang unbekannte Gruppe mit, die es an Freund und Feind vorbei geschafft hat, den vermeintlich Toten in ihre Gewalt zu bringen. Spätestens auf der letzten Seite wird klar, dass nichts so ist, wie es den Anschein hatte.

Sehr schön an „Jagd auf Wolverine“ ist, dass weniger seine Kollegen von den X-Men im Rampenlicht stehen - nun, sie sind natürlich involviert; alles andere wäre unlogisch -, sondern mehr jene Personen, die gelegentlich mit ihm zu tun hatten oder gemeinsam mit ihm einem anderen Team angehörten und deren Respekt er trotz allerlei Dissonanzen errang, einschließlich der Achtung seiner Feinde.

Infolgedessen lässt sich die Mini-Serie anhand der Fahnder und ihrer Motive grob untergliedern in einen Crime noir (Daredevil), Action (Iron Man vs. Mr. Sinister), Zombie-Horror (Sabretooth) und romantische Action (mehrere X-Women mit starker emotionaler Bindung), wodurch nicht bloß unterschiedliche Genre-Geschmäcker bedient werden, sondern auch die vielen Facetten von Wolverine, der - man erinnere sich an „Giant Sized X-Men“ 1 (1975) und die Folge-Episoden -, als Berserker konzipiert war und einen frühen Tod sterben sollte, was verhindert wurde von dem kanadischen Autor Chris Claremont, der ‚seinen Landsmann‘ mit einem reizvollen Hintergrund ausstattete und dafür prompt belohnt wurde, weil sich Wolverine sofort zu einem Publikumsliebling entwickelte und Vorreiter wurde für harte Comic-Figuren wie „Spawn“, „Midnighter“, „The Darkness“.

Über die Jahre hinweg haben viele Autoren versucht, ihren Stempel auf Wolverine zu drücken. Was ihm alles angetan wurde (der Überzug seines Skeletts mit Adamantium und die spätere Entfernung, die Wandlung zu einem katzenhaften, instinktbestimmten Wesen, die Aushebelung seines Heilfaktors und so weiter), wie seine Historie immer wieder verändert wurde (ursprünglich war Wolverines wahrer Name das am besten gehütete Geheimnis von Marvel, seine Geschichte wurde mit dem Hinweis auf falsche, implantierte Erinnerungen immer wieder neu geschrieben, aktuell ist er ein langlebiger Mutant, der im 19. Jahrhundert geboren wurde, etc.) - das ist schon enorm, und selbst Deadpool, der so manches im Schnelldurchlauf zu wiederholen scheint, kann hier nicht mithalten.

Man darf durchaus sagen, dass alle Autoren Wolverine würdigen, obwohl er gar nicht oder nur in wenigen Szenen in Erscheinung tritt. Er ist eine Figur, die Maßstäbe gesetzt hat und die man nicht einfach durch eine oder mehrere der vielen mitunter reizvollen Alternativen (Old Man Logan, X-23, Daken etc.) austauschen kann. Logisch, dass dann auch seine Rückkehr ein Knaller sein muss.

Zeichnerisch passen die Bilder verschiedener Zeichner-Teams zu der Stimmung, den Subgenres und den Inhalten. Den äußerst gefälligen Cover-Illustrationen werden sie leider nicht gerecht; diese versprechen mehr, als die der Storys in dieser Hinsicht halten.

Man kann zwar die Geschichten einzeln für sich stehen lassen, doch in der Summe (einschließlich Band 1) ergeben sie nicht bloß ein kompakteres Bild, sondern lassen zudem erahnen, dass es für einige Charaktere aus Wolverines Umfeld gravierende Veränderungen geben wird. Die Mini-Serie ist spannend und vielfältig, bringt zahlreiche Protagonisten ins Spiel, die man teils erwarten durfte, teils nicht - und man wird sehr gut unterhalten, selbst wenn viele Antworten ausgeblieben sind.