Gruselkabinett 148: Im Labyrinth der großen Pyramide, Louisa May Alcott (Hörspiel)

Gruselkabinett 148
Im Labyrinth der großen Pyramide
Louisa May Alcott & Marc Gruppe (Script)
Sprecher: Pascal Breuer, Fabienne Hesse, Horst Naumann u.a.
Titelbild: Ertugrul Edirne
Titania Medien, 2019, 1 CD, ca. 55 Minuten, ca. 8,99 EUR, ISBN 978-3-7857-5948-6

Rezension von Christel Scheja

Eigentlich kennt man Louisa May Alcott (1832-1888) ja eher für ihre autobiographischen Jugendbuch-Romantetralogie „Little Woman - Kleine Frauen“, die auch mehrfach verfilmt wurde und das Leben junger Mädchen in der Mitte des 19. Jahrhunderts schildert; aber die amerikanische Schriftstellerin hat noch mehr verfasst, unter anderem 1869 die Gruselgeschichte „Im Labyrinth der großen Pyramide“ („Lost in a Pyramid, A Mummys Curse“) , die lange vergessen war, 1998 wiederentdeckt wurde und nun in ein Hörspiel der „Gruselkabinett“-Reihe umgesetzt wurde.

 

Kurz vor der Hochzeit entdeckt die junge Evelyn im Haus ihres Verlobten Paul Forsyth ein kostbares Kästchen aus ägyptischer Fertigung, in dem sich seltsame scharlachrote Samen befinden. Der Abenteuerreisende und Archäologe will erst nicht darüber reden, rückt dann aber mit der Wahrheit über seine letzte Reise an den Nil heraus und berichtet ihr von seiner Erkundung der Großen Pyramide zusammen mit Professor Niles. Der Fund einer weiblichen Mumie, dieses Kästchens und eines Pergaments hinterlassen neben anderen Vorkommnissen schwere Albträume in ihm. Doch kann er dem Fluch, der von einer uralten Zauberin über ihn geworfen wurde, wirklich entgehen?


Der Grusel der Geschichte ist eher subtil, denn die übersinnlichen Mächte tun eigentlich nicht viel, um die Handlung voranzutreiben. Es ist die kreatürliche Angst der Männer in einem Labyrinth, die sentimentale Dummheit eines jungen Mannes, der das Relikt aus der Vergangenheit nicht zerstören kann und die Neugier der Menschen, die dafür sorgen, dass sich der Fluch erfüllt.

Und dabei liegt die Autorin gar nicht einmal so falsch, denn wen juckt es nicht in den Fingern, einmal Samen, die Jahrtausende alt sind, aufblühen zu lassen, um zu sehen, was dabei heraus kommt?

Die Geschichte ist solide umgesetzt, eine lange Rückblende sorgt dafür, dass ein wenig Spannung und Drama in die Sache kommt, wenn sich die Männer in der Pyramide verirren und die folgenschweren Entdeckungen machen. Interessant wird es erst später, wenn der Fluch greift - und seinen Lauf nimmt, bis zum bittersüßen Ende.

Die Sprecher sind wieder einmal in ihren Figuren, hauchen den Stimmen Leben ein und erzeugen die passende Atmosphäre, die sich langsam aufbaut. Die Spannung mag zwar moderat bleiben, getragen wird das Hörspiel aber vor allem von den hintergründigen Entwicklungen und den sich selbst erfüllenden Drohungen, für die es eigentlich den Geist der Zauberin nicht mehr bedurft hätte, die aber dennoch dafür sorgen, dass das Geschehen den richtigen Grusel-Faktor bekommt. Auch die Musik und der Klangteppich unterstützten diesen.

Alles in allem ist „Im Labyrinth der großen Pyramide“ das solide und unterhaltsame 138. Hörspiel der „Gruselkabinett“-Reihe, das eine der vergessenen Geschichte der Schauer-Romantik zu ansprechendem Leben erweckt und beweist, dass Grusel auch mit einfachsten Mitteln, allein durch menschliches Unvermögen entstehen kann und es nur subtiler Geister-Erscheinungen bedarf, um in den Bann zu schlagen.