Kevin Hearne: Aufgespießt - Die Chronik des Eisernen Druiden 8 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 18. Mai 2019 10:27

Kevin Hearne
Aufgespießt
Die Chronik des Eisernen Druiden 8
(Staked, 2016)
Übersetzung: Friedrich Mader
Titelbild: Gene Mollica
Hobbit Presse, 2018, Paperback, 460 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-608-98133-9 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Irene Salzmann
Atticus, der zweitausend Jahre alte Druide, beschließt, einen Teil der Feinde, die ihm das Leben schwermachen, endgültig zu eliminieren: die Vampire. Theophilus, der dafür verantwortlich ist, dass einst die Druiden von den Römern ausgerottet wurden, hat ihm durch seine Intrigen so viel Schaden zugefügt, dass ihm nun die finanziellen Möglichkeiten fehlen, Hilfe für diese Schlacht anzuwerben. Obendrein rächen sich die Vampire an allen, die Atticus nahestehen, weshalb er weitere Freunde verliert, so dass die bislang loyalen Werwolf-Clans auf Distanz gehen und ihm nicht länger beistehen wollen.
Granuaile gelingt es mit Hilfe der Asen, Lokis Mal loszuwerden, über das er sie beobachten konnte. Diese Erfahrung lässt die Sorge der jungen Druidin um ihre eigene und die Sicherheit ihrer Freunde wachsen. Darum bittet sie den polnischen Hexenzirkel der drei Auroras, sie für Weissagungen unauffindbar zu machen. Im Gegenzug für diesen Dienst soll sie das Pferd eines slawischen Gottes aufspüren, das Loki als Orakel benutzt, um den günstigsten Zeitpunkt für Ragnarök zu erfahren. Überdies will sie Gaia, die Erde, aktiv schützen, indem sie der weltweiten Ausbeutung den Kampf ansagt und mit der Ruinierung des Unternehmens ihres Stiefvaters beginnt.
Owen, Atticus‘ Erzdruide, wird mit der Aufgabe betraut, neue Druiden auszubilden. Bevor er sich auf diese Pflicht konzentrieren kann, muss er jedoch erst seine Schüler und die Rudelmitglieder vor Feinden bewahren, von denen sie wegen Atticus ins Visier genommen wurden. Außerdem nagt an ihm, dass sich die Verräterin Fand mit Hilfe ihres Gemahls Manannan Mac Lir aus dem Gefängnis befreien konnte, in das er sie hatte einsperren lassen.
„Aufgespießt“, der achte Band der „Chronik des Eisernen Druiden“, setzt die Geschichte nahtlos fort, mittlerweile aus der Perspektive von drei Protagonisten (in Ich-Form), wobei Granuaile und Owen nicht länger Atticus‘ Anhängsel sind, sondern ihre eigenen Konflikte zu lösen versuchen, die in einem größeren Zusammenhang stets mit denen von Atticus zu tun haben. Infolgedessen entstehen zusätzliche Schauplätze, die am Ende jedoch wieder auf den Hauptstrang der Geschichte einwirken beziehungsweise die mit den Problemen von Atticus irgendwann verknüpft werden. Auch auf diese Weise lässt sich Ragnarök noch ein wenig aufschieben.
Atticus agiert in diesem Buch überwiegend allein und bekommt bloß ab und zu Unterstützung von seinen besten Freunden und anderen Verbündeten. Da auch er nicht an allen Fronten gleichzeitig kämpfen kann, sollen die immer mächtiger werdenden Vampire, die Atticus in Theophilus‘ Auftrag jagen, ausgelöscht oder wenigstens stark dezimiert werden. Das Hauptziel ist natürlich ihr Anführer, der derzeit älteste und mächtigste Vampir, welcher sich sehr gut zu verbergen weiß. Dennoch gelingt es Atticus, Theophilus aufzustöbern, woraufhin es zum Showdown kommt.
Granuaile knüpft zu einem polnischen Hexenzirkel Freundschaftsbande, die offensichtlich über den Austausch von Gefälligkeit gegen Gefälligkeit hinausgehen. Indem sie ihre Druidengaben künftig zur Bekämpfung des Ressourcenraubbaus und Klimawandels einsetzen will, womit sie nebenbei ihrem ungeliebten Stiefvater all die Jahre der Gleichgültigkeit und Ablehnung heimzahlt, wird sie zur ‚Öko-Terroristin‘. Sie sabotiert Förderanlagen und versucht, die Unternehmer langfristig zum Umstieg auf erneuerbare Rohstoffe und saubere Energiequellen zu zwingen. Auch wenn bei ihrer Aktion im Prinzip kein Mensch oder Tier zu Schaden kommt, wendet Granuaile Gewalt an und das relativ leichten Herzens, als haben die Kämpfe gegen Atticus‘ skrupellose Feinde ihre Hemmschwelle herabgesetzt.
Owen kommt immer besser in der ihm fremden Welt zurecht - er verbrachte fast zwei Jahrtausende auf einer Zeitinsel -, einige kuriose Szenen inklusive, und findet seine Bestimmung: Da es im Moment lediglich drei Druiden gibt, möchte er einige Kinder der Rudel, die selber keine Werwölfe sind, ausbilden. Obschon er kein Interesse daran hat, sich in Atticus‘ Konflikte hineinziehen zu lassen, kann er dennoch nicht tatenlos am Rand stehen, da ihn die Probleme früher oder später ohnehin einholen würden. Überdies fühlt er sich verpflichtet, Fand in ein sicheres Gefängnis zu bringen, bevor sie erneut und vielleicht mit mehr Erfolg eine Revolte der Feen anzetteln kann.
In Hinblick auf all diese Schauplätze und primären Konflikte, tritt das drohende Weltuntergangsszenario Ragnarök etwas in den Hintergrund, wenngleich Atticus neue Verbündete findet und Loki einmal mehr versucht, seine heimtückischen Pläne voranzutreiben. Dementsprechend wird viel intrigiert, gekämpft und gestorben.
Für auflockernde Szenen sorgen neben Owen wie immer Oberon und Orlaith, die Hunde von Atticus und Granuaile, die ihre ganz eigene Sicht auf die Dinge haben, die um sie herum geschehen, und diese mit hintergründigem Humor kommentieren.
Mit dem für Granuaile wichtigen Umwelt-Thema folgt der Autor dem gegenwärtigen Trend, der auf nachwachsende Rohstoffe und saubere Energiegewinnung setzt - was natürlich begrüßenswert ist. Weniger gefällt, dass hier der Zweck die Mittel heiligt und infolgedessen Gewalt gebilligt wird. Statt erst realistische Alternativen zu entwickeln, soll der Ausstieg aus allem, was als schädlich eingestuft wird, forciert werden, wobei auch Sackgassen in Kauf genommen und die Konsequenzen fürs Erste ignoriert werden. Um zwei aktuelle Beispiele zu nennen: Die Produktion von Elektroautos wurde als noch umweltschädlicher und ebenso ressourcenvernichtend wie Diesel und Benziner entlarvt. Den Preis für die ‚saubere Luft‘ in Deutschland zahlen jene Ländern, in denen die seltenen Erden und Metalle abgebaut werden (Export = Verlust der Rohstoffe, Lohndumping, gesundheitliche Folgen für die Arbeiter). Für die Errichtung eines Windparks werden Bäume (‚grüne Lunge‘) gerodet und Böden versiegelt (steigendes Hochwasser-Risiko). Die Rotorblätter ‚schreddern‘ Insekten und Vögel. Der Infraschall desorientiert viele Tiere (es wird vermutet, dass Bienen darum nicht mehr zu ihrem Stock zurückfinden). Der Rückbau alter Windräder führt zum Verlust zahlreicher Rohstoffe, da einige Komponenten nicht getrennt/recycled werden können.
Weitere Ausführungen würden den Rahmen einer Rezension sprengen, so dass empfohlen wird, bei Interesse offizielle Quellen im Internet zu bemühen.
Trotzdem auch Sympathieträger sterben, liest sich die „Chronik des Eisernen Druiden“ insgesamt recht vergnüglich aufgrund der witzigen Einlagen, die nach dunklen Momenten wieder etwas Licht in die Handlung tragen. Als sehr gelungen empfindet man die Verknüpfung der vielen Gottheiten und Geister verschiedener Pantheons, welche auf der Erde wandeln und sich der neuen Zeit anpassen konnten.
Die Protagonisten sind sympathisch und entwickeln immer individuellere Züge, nachdem anfangs Granuaile und Owen ein wenig wie der weibliche und der ältere Aspekt von Atticus gewirkt haben.
Die Lektüre ist spannend und macht wirklich Spaß, da sie von den üblichen, sehr ausgetretenen Pfaden der Fantasy wohltuend abweicht.