J. R. R. Tolkien, Verlyn Flieger (Hrsg.): Die Geschichte von Kullervo (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Freitag, 17. Mai 2019 20:08

J. R. R. Tolkien, Verlyn Flieger (Hrsg.)
Die Geschichte von Kullervo
(The Story of Kullervo, 2015)
Übersetzung: Joachim Kalka
Titelbild: Birgit Gitschier
Hobbit Presse, 2018, Hardcover, 240 Seiten, 22,00 EUR,, 978-3-608-96090-7 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Irene Salzmann
„Die Geschichte von Kullervo“ ist nicht einfach bloß ein Buch, das eine von J. R. R. Tolkien geschaffene und gegebenenfalls von seinen Nachkommen vollendete Erzählung wiedergibt. Tatsächlich ist die tragische Geschichte, die auf dem finnischen „Kalevala“-Epos beruht, nur der kleinere Teil des Inhalts, während sich der Hauptteil ausführlich den Motiven des Autors widmet, weshalb er gerade diese Mythe aufgriff, wie er sie interpretierte und sie außerdem innerhalb des „Silmarillion“ in die Figur des Turin Turambar einfließen ließ.
Nachdem Kalervo von seinem Bruder Untamo getötet worden war, bringt dessen Witwe in der Gefangenschaft ein Zwillingspaar, Kullervo und Wanona, zur Welt, das schon nach wenigen Tagen groß und kräftig ist. Untamo lässt den Jungen hart arbeiten, und dieser zerstört mit seiner Kraft alles, was er anpackt. Schließlich verkauft Untamo Kullervo in die Fremde an den Schmied Asemo, dessen Frau den neuen Hirten schlecht behandelt. Kullervo rächt sich, indem er die Kühe ins Moor treibt und mit verzauberten Wölfen und Bären zurückkehrt, die die Frau des Schmieds zerreißen.
Danach beschließt Kullervo, den Mörder seines Vaters zu suchen und zu töten. Auf der Reise missachtet er den Rat der Waldfrau und weicht von seinem Weg ab. Auf einem Berg begegnet er einer wunderschönen Frau, die ihn sein Vorhaben vergessen lässt. Obwohl sie ihn zurückweist, macht er sie zu seiner Gefährtin. Als sie erfährt, wer er ist, stürzt sie sich einen Wasserfall hinab. Kullervo nimmt seine Wanderung wieder auf, erschlägt Untamo und alle, die sich auf seinem Hof befinden. Der Geist seiner Mutter lässt ihn wissen, dass die schöne Frau seine Schwester Wanona war, woraufhin er sich in sein Schwert stürzt.
„Die Geschichte von Kullervo“ wurde im englischen Original und mit deutscher Übersetzung auf der gegenüberliegenden Seite abgedruckt. Das Manuskript ist nicht vollständig ausgearbeitet und der Handlungsverlauf gerade zum Ende hin nur grob zusammengefasst. Schon hier experimentierte Tolkien ausführlich mit der Sprache sowie der Namensgebung und suchte nach Lösungen für widersprüchliche Passagen in der Vorlage, die sich aus zwei unterschiedlichen Quellen für das Epos ergeben hatten.
Abbildungen von Auszügen aus dem handgeschriebenen Manuskript, reichliche Anmerkungen von Autor und Herausgeber beleuchten die Geschichte, das zugrunde liegende Epos sowie seinen Einfluss auf die „Silmarillion“-Figur Turin Turamba näher. Die Ausführungen lesen sich interessant, aber auch sehr theoretisch.
Man sollte vor dem Kauf wissen, dass man keine spannende Fantasy-Tragödie ersteht, sondern ein unvollendetes Manuskript nebst umfangreichen Erläuterungen - einen Sekundärband, der ein kleines Details aus Tolkiens Schaffen vorstellt und kommentiert.