Die Scareman-Saga 9: Karawane der Verlorenen, Sylke Brandt (Buch)

Die Scareman-Saga 9
Karawane der Verlorenen
Sylke Brandt
Titelbild: Emmanuel Henné
Atlantis, 2017, Paperback, 100 Seiten, 6,90 EUR, ISBN 978-3-86402-485-6 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Der Scareman Jonathan Savcovic wird von der KI Max vorzeitig geweckt, ebenso die Koordinatorin der Ek-ek auf dem Planeten Akkar, weil etwas Unerwartetes passiert ist: Eine bunt zusammengewürfelte Flotte zumeist älterer Raumschiffe - kleine Privatboote, Frachter, große Luxusliner und andere - befindet sich im Anflug auf die Welt der Akkari.

Savcovic nimmt Kontakt auf und erfährt von Ratsvorsteher Juan Molins, dass sich in den Schiffen einige der letzten Überlebenden ihrer Spezies befinden, die Nachkommen jener, die vor dem mysteriösen Blau auf der Flucht sind, das ihre Heimaten zerstört hat. Sie hoffen, auf Akkar ein neues Zuhause zu finden.

Einerseits ist Savcovic dankbar für die Neuigkeiten und die Möglichkeit, wieder unter Menschen zu sein, doch ihm ist auch klar, was die Ankunft der Flüchtlinge für die Akkari, die am Beginn des Dampfmaschinenzeitalters stehen, bedeutet: Kampf um die Ressourcen, Unterwerfung und schließlich Verdrängung. Allerdings haben weder Savcovic noch die Ek-ek eine Chance, die hoffnungsvollen Siedler aufzuhalten.

Noch bevor er auf das Blau hinweisen kann, das dabei ist, den äußersten Planeten umzuformen und vielleicht in gut hundert Jahren Akkar erreichen wird, hat der Rat bereits entschieden, die bewohnbare Welt in Besitz zu nehmen. Selbst als die Gefahr erkannt und der Euphorie ein Dämpfer verpasst wird, sind einige der Flüchtlinge gewillt, lieber die verbleibende Zeit auf dem Planeten zu verbringen als in ihren alten, überfüllten Schiffen irgendwann zu havarieren.

Molins lässt auf die Boote, die den Verband verlassen und seine Befehle ignorieren, schießen. Savcovic befindet sich mit seinem kleinen Raumer inmitten dieses Chaos und dockt auf den Rat der Koordinatorin an dem einzigen Ek-Ek-Schiff an - und erlebt in diesem eine Überraschung.


Die Situation im Akkar-System hat sich drastisch verändert, sowohl für den Scareman als auch seine früheren Feinde, die Ek-ek. Ihre Imperien existieren nicht mehr, und somit gibt es nicht länger einen Grund, sich zu bekämpfen. Sie sind Gestrandete und kooperieren in der Hoffnung, dass sie, wenn sie die Entwicklung der Akkari fördern, diesen Planeten eines Tages verlassen können. Und vielleicht wird sogar ein Mittel entdeckt, um Savcovics originalen Körper zu heilen.

Seit das Blau auf dem äußersten Planeten entdeckt wurde, wissen sie, dass ihnen die Zeit davonläuft und sie alle mit den Akkari zum Untergang verdammt sind, weil es nicht möglich sein wird, bis dahin Raumschiffe zu bauen und den Planeten sowie Savcovics Station zu evakuieren. Die Krise verschärft sich durch das Auftauchen der Flüchtlinge, die Akkar bereits als neue Heimat betrachten und die unterlegene einheimische Spezies zurückdrängen wollen.

Als Leser wundert man sich, dass die Schiffe zwar erste Daten von Akkar sammelten, den anderen Planeten jedoch keinerlei Beachtung schenkten, obwohl sie auf der Flucht vor dem Blau sind, und es logisch wäre, ein System mit einem für die Besiedelung geeigneten Planeten zuvor gründlich auf etwaige Gefahren zu überprüfen. Auch Savcovic, dem die Konsequenzen einer solchen Landnahme bewusst sind und der sich wünscht, dass den Akkari dieses Leid erspart bleibt, reagiert nicht entsprechend, im Gegenteil, er versorgt die Flüchtlinge mit weiteren Daten dieser Welt, erhöht dadurch die Verlockung, und erwähnt das Blau mit keinem Wort.

Dadurch drängt sich der Eindruck auf, dass hier unbedingt ein vermeidbarer Konflikt geschaffen werden sollte - auf leider wenig überzeugende Weise. Was infolgedessen passiert, deckt zwei Punkte ab:

Obgleich die Flüchtlinge an einem Strang ziehen sollten, um das Überleben aller zu sichern, damit irgendwo ein Neuanfang möglich ist, gibt es die Privilegierten, die den Ton angeben und bereits Absprachen über die Köpfe der weniger Privilegierten hinweg getroffen haben, noch bevor die inszenierten Versammlungen abgehalten werden. Die Eliten betreiben skrupellos ihre Klientelpolitik, und alle anderen müssen sich fügen und dankbar sein, wenn man ihnen einige Brosamen zuwirft. Die Belange der Akkari interessieren überhaupt niemanden, denn sie werden als Lebewesen zweiter oder gar dritter Klasse erachtet. Von daher braucht man also nicht allzu traurig zu sein, wenn solche Zivilisationen dem Blau zum Opfer fielen.

Desweiteren wurde so ein Grund geschaffen, dass Savcovic in seinem Androidenköper das Ek-ek-Schiff betreten durfte. Was er dort erfährt, könnte neben den Wesen auf dem Gasplaneten, die das Blau kennen, ein zweiter Ansatz sein, ein Mittel zu finden, diese Bedrohung aufzuhalten und das Akkar-System zu retten. Bis dahin werden aber noch einige Bände folgen, in denen gewiss auch wieder die zuletzt etwas vernachlässigten Akkari in den Fokus rücken, wofür ebenfalls der Grundstein gelegt wurde.

An sich eine sehr spannende und dramatische Folge mit leider einem unlogischen Holperer, den man sicher hätte umgehen können.