Jane (Comic)

Aline Brosh McKenna
Jane
(Jane, 2017)
Übersetzung: Torsten Hempelt
Titelbild und Zeichnungen: Ramon K. Pérez
Panini, 2018, Hardcover, 228 Seiten, 25,00 EUR, ISBN 978-3-7416-0990-9

Rezension von Elmar Huber

Nachdem ihre Eltern gestorben sind und Jane bei der Familie ihrer Tante eher geduldet, denn als Familienmitglied angenommen wurde, kann sie es kaum erwarten, endlich als Kunststudentin nach New York zu gehen. Parallel zu ihrem Studium findet sie eine Anstellung als Nanny für die Halbwaise Adele Rochester. Der verwitwete Vater hat als Lenker eines Geschäftsimperiums keine Zeit, sich um die Erziehung seiner Tochter zu kümmern. Erst als Jane ihn mit den nachlassenden Schulleistungen Adeles konfrontiert und ihn zu einem Lehrergespräch nötigt, beginnt der Mann aufzutauen.

So entwickelt Jane nach und nach Zuneigung zu dem düsteren Vater des Kindes, und auch er ist zunehmend von der resoluten jungen Frau angetan. Doch ein dunkles Geheimnis aus seiner Vergangenheit umgibt Rochester, an dem die Liebe der beiden zu zerbrechen droht.


Der Rückentext verrät bereits, dass Aline Brosh McKennas „Jane“ eine Neuinterpretation von Charlotte Brontës Klassiker „Jane Eyre“ ist, die örtlich ins moderne New York verlegt wurde. So beschwört der Comic auch anfänglich - Janes Vorgeschichte wird sehr schnell abgehandelt - Erinnerungen an klassische Hollywood-Lovestorys Marke „Pretty Woman“ herauf.

Das unscheinbare Landei und der erfolgreiche, formvollendete aber geheimnisvolle Upper-Class-Geschäftsmann (ein bisschen denkt man heute natürlich auch an „Shades of Grey“), der sich von der überraschend beherzten Art und vor allem von der ernstgemeinten Sorge um seine Tochter beeindrucken lässt. Gefühle entwickeln sich, die einigen Widrigkeiten standhalten müssen, nicht zuletzt dem seltsamen Treiben im Haus Rochester, das an das Märchen „Blaubart“ gemahnt.
 
Kenner der Vorlage wissen natürlich, was es mit dem verbotenen Zimmer auf sich hat. Doch McKenna hat um dieses Geheimnis noch eine Thriller-Handlung gebastelt, die erstens sehr plötzlich in die Geschichte einbricht, und zweitens die Handlung jäh auf eine reichlich krude Schiene führt. Dies und einige Szenen, die keine Erklärung erfahren, sorgen dafür, dass „Jane“ nicht richtig rund werden will.

Nach dem bildgewaltigen „A Tale of Sand“ (dt. bei Dani Books) durfte man sich mit Recht auf einen neuen Ramon K. Pérez freuen, der seinen Stil hier etwas angepasst hat. Die Zeichnungen wirken beinahe skizzenhaft, lässig hingezeichnet, so dass sogar einzelne Striche immer wieder über die Panel-Ränder hinaus ragen. Doch immer sind die Bilder treffsicher in Form und Aussage. Großen Anteil an der Wirkung haben auch die hervorragende Kolorierung von Irma Kniivila (mit Ramon K. Pérez) und überhaupt der gezielte Einsatz von Farben zur emotionalen Verstärkung einzelner Szenen.

Panini bringt den Comic als hochwertig ausgestattetes Hardcover (etwas kleiner als das normale Paperback-Format), das sich mit seinen 228 Seiten sehr gut im Bücherregal macht.

Dies ist eine moderne und wunderbar gestaltete Neuerzählung von „Jane Eyre“, die am Ende über das Ziel hinausschießt.