Daniel Schenkel: Der Schwarze Mann (Hörspiel)

Daniel Schenkel
Der Schwarze Mann
Regie: Mario Weiß
Sprecher: Dominik Valentin Peter, Dagmar Bittner, Melli Schulz u.a.
Yellow King Productions, 2018, Hörspiel, ca. 28 Minuten, ca. 2,75 EUR

Rezension von Elmar Huber

„Ich weiß noch, dass mich ein unangenehmes Gefühl beschlich, als Frau Rauten die Wohnungstür aufschloss. Es war nicht die abgestandene Luft, die mich störte, auch nicht die Kühle des lange ungeheizten Zimmers, sondern etwas anderes, das ich beim besten Willen nicht hätte benennen können. Am ehesten ähnelte es dem Frösteln einer fiebrigen Erkrankung." 

Von seiner Freundin vor die Tür gesetzt, ist der Erzähler gezwungen, eine billige und anonyme Hochhauswohnung in einer heruntergekommenen Hafengegend zu beziehen. In seiner Notlage hat er nicht den Luxus, dem unguten Gefühl, das ihn schon beim ersten Öffnen der Wohnungstür beschleicht, nachzugeben und sofort wieder kehrtzumachen.

Der plötzlich verschwundene Vormieter, ein gewisser Pickmann, scheint ein rechter Sonderling gewesen zu sein, dem alte, obskure Bücher und abstrakte Wandzeichnungen offensichtlich wichtiger waren als eine gemütliche Einrichtung, Fernseher und Computer. Vom Schwarzen Mann, der Pickmann ‚geholt‘ haben soll, hört er zum ersten Mal von dem Nachbarmädchen Lana. Eine Geschichte, die er als kindliche Phantasterei abtut. Doch plötzlich, in den ruhigen Abendstunden, glaubt der Neumieter, tatsächlich Geräusche, Bewegungen und eine Präsenz in seiner Wohnung wahrzunehmen, ohne dass er die Spur eines Eindringlings entdeckt.

„Ein Schatten bewegte sich. Er hatte die Umrisse eines Mannes, gut zwei Meter groß, von kräftiger Statur. Schrecken schnürte mir die Luft ab. Der Eindringling war vollkommen schwarz. Nicht dunkelhäutig wie ein Afrikaner, sondern lichtschluckend finster, ein schwarzes Loch mit Armen, Beinen und einem Augenpaar, das nur aus roten Pupillen bestand.“


Mit „Der Schwarze Mann“ hat das ambitionierte Yellow-King-Team eine Kurzgeschichte von Weird-Fiction-Autor Daniel Schenkel („Die Muerenberg-Chroniken“, „Das gelbe Zeichen“, „Der gelbe Traum“) vertont, die urbanen Grusel mit Motiven H. P. Lovecrafts verbindet.

Nun sind (Kurz-) Geschichten, die sich auf das Erbe des Horror-Meisters berufen, nicht gerade rar gesät, und auch von einem arglosen Zeitgenossen, der ahnungslos in ‚lovecraftsche Kreise‘ gerät (was dem Leser/Hörer natürlich schon lange vor dem Protagonisten klar ist) und sich plötzlich in einer düsteren Fantasy-Welt im Angesicht eines Tentakelmonsters wiederfindet, hört man hier nicht zum ersten Mal.

Dem Yellow-King-Team muss man auf jeden Fall bescheinigen, dass es durch das Hinzufügen der wirkungsvollen akustischen Ebene die leidlich originelle Geschichte deutlich aufgewertet hat. Auch wurde das Geschehen mit 28 Minuten Laufzeit nicht über Gebühr strapaziert, so dass das Hörspiel einen angenehm dichten Eindruck macht und kein Leerlauf aufkommt. Die Umsetzung besticht dabei durch die von Dominik Valentin Peter treffend gespielte Hauptrolle, ein angeschlagener Charakter, der den Hörer gleich für sich vereinnahmt.

Dabei erweist es sich als Pluspunkt, dass man hier einen nicht inflationär zu hörenden Sprecher im Team hat, der auf bestimmte Rollen festgelegt ist. Dagmar Bittner („Calendar Girl“-Hörbücher, „Geister-Schocker“) kann man dagegen getrost als Profi-Sprecherin bezeichnen; sie überzeugt hier als jovial-zwielichtige Vermieterin Rauten, die offenbar mehr darüber weiß, was in ihrem Haus vorgeht, als sie ihrem neuen Mieter bereit ist preiszugeben.

Die authentischen Geräusche und einige einfache, unterstützende Effekte (Stimmenüberlagerung und -verzerrung) tun ein Übriges, den Hörer in die Geschichte zu ziehen.

Leider ist dies wohl eine der letzten Geschichten von Daniel Schenkel, der sich nicht länger als Autor betätigt.